Verkehrsbericht des Polizeipräsidiums Südosthessen für das Jahr 2022

(pm/ea) – Nachdem die Corona-Jahre 2020 und 2021 aufgrund des reduzierten Verkehrsaufkommens zu neuen Tiefstständen an Verkehrsunfällen geführt hatten, haben diese im vergangenen Jahr wieder zugenommen.

Die Zahl der polizeilich aufgenommenen Verkehrsunfälle, die sich auf den Straßen im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Südosthessen im Jahr 2022 ereignet haben, ist um rund 5,8 Prozent auf 12.953 angestiegen (2021:12.246) und entspricht damit dem Hessentrend.

„Nach wie vor liegen die Unfallzahlen unter den Werten, die wir vor der Corona-Pandemie hatten. In der Betrachtung der letzten 20 Jahre stellen sie sogar den drittniedrigsten Wert dar“,  eilten Polizeipräsident Eberhard Möller und Abteilungsdirektor Dirk Fornoff anlässlich der Vorstellung der aktuellen Verkehrsunfallstatistik mit. Möller fügte hinzu: „Erschreckend ist jedoch die Tatsache, dass bei rund 42 Prozent aller Unfälle mindestens ein Beteiligter die Unfallstelle unerlaubt verlassen hat.“

Für das Jahr 2022 wurde der volkswirtschaftliche Gesamtschaden der im hiesigen Zuständigkeitsbereich registrierten Verkehrsunfälle auf zirka 218 Millionen Euro beziffert. In über 80 Prozent der Fälle blieb es bei Blechschäden.

Der Behördenleiter und der Abteilungsleiter betonten mit Blick auf die Verkehrssicherheitsstrategie: „Oberste Priorität ist und bleibt die Verhinderung von Verkehrsunfällen mit Personenschäden.“ Umso bedauerlicher ist es, dass 19 Menschen im letzten Jahr ihr Leben bei Verkehrsunfällen im hiesigen Zuständigkeitsbereich verloren haben. Sieben Personen starben innerhalb geschlossener Ortschaften, sieben auf den außerhalb gelegenen Bundes-, Landes- und Kreisstraßen sowie fünf auf den Autobahnen.

Die Zahl der Schwerverletzten stieg im Jahr 2022 um 28 auf 408 Personen. Die Anzahl der Unfälle, bei denen mindestens eine Person leichte Verletzungen erlitt, stieg um 335 auf 2.708.

Überhöhte oder nicht angepasste Geschwindigkeit war bei nahezu jedem zweiten tödlichen Unfall unfallursächlich

Nicht angepasste Geschwindigkeit ist, neben zu geringem Abstand und Vorfahrtsverstößen, nach wie vor eine der Hauptursachen für schwere Unfälle. „Wir verzeichnen bei den Geschwindigkeitsunfällen zwar einen Rückgang, dennoch wurden mehr Menschen verletzt“, sagte Polizeipräsident Möller. Die Zahl der Verkehrsunfälle mit der Ursache Geschwindigkeit sank von 1.153 auf 1.089. Neun Menschen verloren ihr Leben, 110 Personen erlitten schwere und 446 leichte Verletzungen im Präsidiumsbereich. Im Vorjahr verstarben sieben Menschen, 109
erlitten schwere und 387 leichte Verletzungen. Rein rechnerisch wurde demnach alle acht Stunden ein Verkehrsunfall in Folge zu schnellen Fahrens verursacht. Von daher rückt das Thema „Geschwindigkeit“ immer wieder in den Fokus der Polizei. Regelmäßige Geschwindigkeitskontrollen waren demzufolge im Berichtsjahr unerlässlich – darunter auch der europaweite „Speedmarathon“, der auch im Jahr 2023 wieder stattfand. Ziel der Maßnahmen ist, das Geschwindigkeitsniveau dauerhaft zu senken. Im Jahr 2022 kamen die mobilen Messgeräte insgesamt 492-mal zum Einsatz. Zudem waren der Geschwindigkeitsmessanhänger eingesetzt und in puncto Verkehrssicherheit die „Provida“-Teams der Polizeiautobahnstation Langenselbold im Einsatz. Durchschnittlich wurde täglich mindestens eine Messstelle betrieben. Es wurden insgesamt 18.657 Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet, davon 11.263 Verwarnungs- und 7.394 Bußgeldverfahren. In 1.218 Fällen lag die Geschwindigkeitsübertretung im Fahrverbotsbereich. Die Geschwindigkeitsüberwachung in Form von Kontrollen oder der Einsatz von den Enforcement-Trailern wird auch im Jahr 2023 konsequente fortgeführt.

Unfälle unter dem Einfluss von Alkohol und/oder anderer berauschender Mittel: Größter Anteil davon Alkoholunfälle

Die Zahl der Verkehrsunfälle unter Einfluss von Alkohol und/oder anderer berauschender Mittel stieg nach dem bislang niedrigsten Stand der letzten fünf Jahre im Vorjahr (399) um 63 auf nunmehr 462 im Berichtsjahr. Die Zahlen rangierten dabei jedoch noch unter dem Niveau der Jahre 2018 und 2019 mit 503 beziehungsweise 484 Unfällen. Bei rund jedem dritten Verkehrsunfall in dieser Kategorie wurde mindestens eine Person verletzt. Den größten Anteil hatten darunter die Alkoholunfälle: Bei 129 Unfällen mit Personenschaden erlitten 30 Menschen schwere und 139 leichte Verletzungen; fünf Menschen starben. Im Dezember verlor ein 21-jähriger Mitfahrer im Kreis Offenbach sein Leben. Hierbei soll mutmaßlich Alkoholeinfluss und nicht angepasste Geschwindigkeit eine Rolle gespielt haben. Verkehrskontrollen in Hinblick auf Alkohol und/oder anderer berauschende Mittel bleiben somit auch in diesem Jahr unverzichtbar.

Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort: Alle 1,5 Stunden findet eine Verkehrsunfallflucht statt

Die Zahl der Verkehrsunfallfluchten erhöhte sich um gut zehn Prozent auf nunmehr 5.457 (2021: 4.956). Hierbei blieb es in rund 96 Prozent der Fälle bei Blechschäden. In den übrigen Fällen wurden 17 Personen erheblich und 246 leicht verletzt. Glücklicherweise kam kein Mensch ums Leben. Trotz des Anstiegs lag die Aufklärungsquote wie im Vorjahr bei 40 Prozent. Der geschätzte volkswirtschaftliche Schaden dieser Unfallfluchten wird auf rund 43 Millionen Euro beziffert. Die Bearbeitung der Verkehrsunfallfluchten liegt zunächst in der Zuständigkeit der jeweils örtlichen Polizeidienststelle. Ab einem Sachschaden von 2.000 Euro oder wenn Personen verletzt werden, übernehmen unsere Spezialisten der Unfallfluchtgruppe die Ermittlungen. Diese konnten jeden zweiten Unfall mit Personenschaden aufklären.

Wildunfälle auf nahezu gleichem Niveau

Bei den Wildunfällen weist die Statistik ein nahezu gleichbleibendes Niveau mit 1.340 Unfällen wie im Vorjahr (1.368) aus. Positiv zu bewerten ist die Tatsache, dass in den letzten fünf Jahren kein Mensch bei einem Zusammenstoß mit Wildtieren verstarb. Zwei Menschen (2021: 4) erlitten schwere Verletzungen und 18 (2021:15) leichte. Die Polizei bittet, die Verkehrsteilnehmer auf die auffälligen Wildwechselschilder und die Geschwindigkeitsbeschränkungen zu achten und ihr Tempo entsprechend anzupassen, insbesondere zu Dämmerungszeiten sowie nachts. Zusätzlich führt die Polizei regelmäßig an den Wildgefahrenstrecken Geschwindigkeitskontrollen durch.

Verkehrssicherheitsstrategie der Polizei rückt unter anderem die schwächeren Verkehrsteilnehmer in den Vordergrund

„In unserer Verkehrssicherheitsstrategie rücken wir im laufenden Jahr zusätzlich die schwächeren Verkehrsteilnehmer in den Vordergrund“, sagte Dirk Fornoff und begründete den Schritt unter anderem damit, dass im letzten Jahr auch wieder mehr Kinder und Jugendliche Verletzungen bei Unfällen erlitten. Im Jahr 2022 ereigneten sich 236 Unfälle mit Kindern (Vorjahr:172) und 181 mit Jugendlichen (Vorjahr:141). Dabei erlitten 28 Kinder schwere und 210 leichte Verletzungen. Im Bereich der Jugendlichen erlitten 27 schwere (Vorjahr:13) und 133 leichte Verletzungen (Vorjahr: 98). Bedauerlicherweise verstarb eine Jugendliche. Sie wurde als Fußgängerin bei einem Zusammenstoß mit einem Auto an einem Fußgängerüberweg in Offenbach tödlich verletzt. Bezogen auf die Gesamtunfallzahl beträgt der Anteil der Unfälle mit Kindern (1,8 Prozent) und Jugendlichen (1,4 Prozent) zwar insgesamt „nur“ 3,2 Prozent, dennoch ist diese Zunahme alarmierend. Jeder fünfte Unfall mit Kindern ereignete sich auf dem Schulweg. Die meisten verunglückten Kinder befanden sich als Mitfahrer in einem Fahrzeug. Die meisten verunglückten Jugendlichen (53) waren mit dem Rad unterwegs. Übrigens: Bei den Fahrradunfällen mit Kindern verunglückten mehr als doppelt so viele Jungen wie Mädchen (48/21). Daher intensiviert die Polizei laut Fornoff nochmals die Maßnahmen zum Schutz der jüngsten Verkehrsteilnehmer.

Zusätzlich war die Jugendverkehrsschule mit Präventionsmaßnahmen erneut in den Grundschulen sowie Mittelstufen aktiv. Hierbei wurden über 400 Schulklassen weitergehend und tiefgreifend unter anderem in den Themen Gefahrenerkennung und Verhalten im Straßenverkehr sowie die sichere Handhabung des Fahrrades beschult. Des Weiteren führten die Polizeibeamtinnen und -beamten im Bereich von Einrichtungen für Kinder und Jugendlichen Gurt- sowie Fahrradkontrollen durch, denn nicht jedes Kind sitzt in den Autos der Eltern vorschriftsmäßig gesichert und nicht jeder Schüler ist mit einem verkehrssicheren Rad unterwegs. Parallel dazu führten die Beamten verstärkt Geschwindigkeitskontrollen vor Schulen und Kitas durch. Die Polizei ist mit zahlreichen „Blitz für Kids“-Aktionen ins Jahr 2023 gestartet. Der verlängerte Kontrollzeitraum für mehr Verkehrssicherheit vor den Schulen fand zwischen Januar und März statt. Bei einigen Aktionen waren in enger Zusammenarbeit mit den Schulen auch die Schülerinnen und Schüler mit eingebunden. Diese verteilten dann „grüne“ und „gelbe“ Karten an die Autofahrer für ihr Fahrverhalten. Ziel war es, die Autofahrer zum Einhalten des Tempolimits zu sensibilisieren oder auch ausdrücklich dafür zu loben. Darüber hinaus starten auch nach den Sommerferien etliche Aktionen im Hinblick auf „Sicher zur Schule kommen“. Zudem fanden an den Schulen Infoveranstaltungen für die Erziehungsberechtigten zum Thema „Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit von Kindern und Jugendlichen“ statt.

In diesem Zusammenhang griff der Abteilungsleiter das Thema der sogenannten „Elterntaxis“ auf. Nach wie vor kommt es beim Hinbringen und Abholen der Kinder immer wieder zu gefährlichen Situationen, weil zum Beispiel die Halteverbotszonen vor den Schulen nicht beachtet werden. Daher führen unter anderem die sogenannten Schutzleute vor Ort oftmals gemeinsam mit den Mitarbeitern der Ordnungsämter verstärkt Kontrollen vor den Schulen durch. Fornoff appelliert an die Eltern, sich ihrer Vorbildfunktion stets bewusst zu sein. Dazu
gehört unter anderem, die Kinder vorschriftsmäßig in den Fahrzeugen gesichert zu transportieren und die Verkehrsschilder vor den Schulen zu beachten.

„Verkehrssicherheit ist und bleibt ein sehr wichtiges Thema“, sagten Möller und Fornoff und ergänzten abschließend: „Es passieren immer noch viele schlimme Unfälle. Daran müssen wir auch weiterhin konsequent arbeiten und alles dafür tun, um dem entgegenzuwirken.“ Der polizeiliche Appell an alle Verkehrsteilnehmer lautet daher: Verhalten Sie sich im Straßenverkehr stets verantwortungsbewusst, rücksichtsvoll und den Regeln entsprechend.

Grafik: Polizei

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