„Quo vadis, Evangelische Kirche Langendiebach?“

(ms/ea) – Mit dem Umbau der Kirche in Langendiebach wollte die Ev. Kirchengemeinde unter dem gleichnamigen Motto „Neue Wege gehen“ die Idee eines lebendigen Gemeindelebens realisieren. Die Projektmanagementgruppe des Zukunftsausschusses stellte nun den Mitgliedern der Kirchengemeinde ihre Arbeit vor, welche durch Desinteresse und mangelnde Unterstützung durch die Landeskirche am Abgrund des Scheiterns stand.

Die Landeskirche gab 2016 bekannt, wie viele Quadratmeter einer Kirchengemeinde als Gemeindehaus noch zustehen. Nur dafür wurden Finanzmittel zur Bewirtschaftung bezahlt. Mit den beiden Gemeindehäusern in Rückingen und Langendiebach gab es die doppelte Fläche in Erlensee. Deshalb entstand die Idee, ein Gemeindehaus zu verkaufen. Bei dem Verkauf des Ensembles (Kita und Gemeindezentrum) in der Fröbelstraße an die Stadt Erlensee war klar, dass der Betrag von ca. 1,59 Millionen, den die Kirchengemeinde aus dem Verkauf erhielt, in die Schaffung neuer Räume für die Gemeindearbeit fließen soll. Dazu wurde im Kirchenvorstand ein entsprechender Beschluss gefasst.

Dass das Dach der Langendiebacher Kirche saniert werden muss, ist bereits seit mehr als 20 Jahren bekannt. Im Jahr 2003 wurden zusätzliche Stützen eingezogen, damit die beiden Emporen weiterhin genutzt werden konnten. Jahrelang rutschte diese Baumaßnahme bzgl. der Förderung durch die Landeskirche vom Platz 1 der Liste nach unten. 2019 war dann der Platz 1 der Prioritätenliste erreicht. Der damals veranschlagte Betrag für das Kirchendach in Langendiebach (Statik und Schieferbedeckung) belief sich auf ca. 900.000 Euro. Der Kirchenvorstand und der Zukunftsausschuss waren sich einig, dass knapp 1 Million Euro nicht in eine Kirche gesteckt werden kann, wenn die Nutzung nur 1-2 Stunden pro Woche beträgt. So entstand die Idee, die Gemeinderäume in die Kirche zu integrieren.


Gesamtkonzept

  • Die Kirche sollte sowohl weiterhin für große Gottesdienste und Veranstaltungen in ihrer vollen Größe und entsprechendem Platz zur Verfügung stehen, damit die Gemeinde ihre traditionellen Feste und Veranstaltungen weiterhin erleben kann.
  • Die neu zu errichtenden Gruppenräume sollten sich in das vorhandene Gebäude integrieren lassen und auch gleichzeitig (Geräuschpegel) nutzbar sein.
  • Das EG und das OG sollten parallel nutzbar sein und auch für nichtgemeindliche Gruppen Tagungs- und Veranstaltungsoptionen bieten.
  • Dazu gehört auch eine auf Dauer nachhaltige (Fußboden-)Beheizung und Isolierung des Gebäudes mit einer zu erneuernden Heizungs- und Lüftungsanlage. Die Integration einer im Dach eingebundenen Photovoltaik-Anlage ist ein wesentlicher Bestandteil dieser Überlegungen.
  • Natürlich sollte die entsprechende Technik (Beleuchtung, Ton- und Video, Internet) für verschiedene Veranstaltungsformate bereitgehalten werden.
  • Die Multifunktionalität wird sichergestellt, auch über die Erneuerung der Sitzmöglichkeiten durch modular nutzbare Stühle und Tische (Gemeindearbeit und Gottesdienste).
  • Öffnung zum Gemeinwesen hin zu einem Ort der Begegnung in Erlensee.

 

Die Überlegungen und Entwürfe zum Einbau von Räumen in die Kirche stießen in der landeskirchlichen Bauberatung in Kassel jedoch auf totale Ablehnung. Die Bauberatung teilte stets nur mit, was alles nicht ging. Die Zeit der Corona-Pandemie bewirkte auch hier eine weitere Verzögerung. 2021 betrugen die Kosten allein für die Baumaßnahme Dach durch Preissteigerungen bereits 1,3 Millionen.

Die Entwürfe wurden überarbeitet, mehrere Termine, die der Zukunftsausschuss mit der Bauberatung in Kassel vereinbaren wollte, wurden gestrichen oder kamen einfach nicht zustande.

 


Zeitlicher Ablauf

2016 – Gemeindeversammlung in Langendiebach
2017 – Bildung des Zukunftsausschusses (Kirchenvorstand und Gemeindeglieder)
2017 – Bildung von Arbeitsgruppen zur Recherche, Bestandsaufnahme, Situation in Erlensee
2017 / 2022 – Begleitung durch das Referat Spendenwesen EKKW
2017 – Gemeindeversammlung in Langendiebach
2018 – Exkursionen zu umgebauten Kirchengebäuden in Hessen, Thüringen, NRW
2018 – Besuch der Bauberatung in Erlensee
2017 / 2019 – Visionsentwicklung in Richtung multifunktionaler Kirche
2019 – Vergebliche Kontaktversuche zur Bauberatung in Kassel
2018 – Bildung Förderkreis der Ev. Kirchengemeinde Erlensee
2018 – Neue Wege gehen – Start der Fundraisingkampagne
2018 – Verhandlungen mit der Stadt Erlensee
2018 – Abschied vom Ev. Gemeindehaus Langendiebach
2019 – Ausstellung und Raumpräsentation auf dem Hof- und Gassenfest
2019 – Verkauf des Ev. Kindergartens und des Ev. Gemeindehauses Langendiebach
2019 / 2024 – Begleitung der Zukunftsausschussarbeit durch die Gemeindeberatung EKKW
2019 – Tagung Kirchen(t)Räume im Haus der Kirche in Kassel
2020 – Erneute Kontaktversuche zur Bauberatung
2020 – Weiterentwicklung des Konzepts zu einem multifunktionalen Gebäude
2020 – 2022 – Intensive Projektentwicklung und Entwicklungskonzept mit Büro Schlünz
2021 – Gespräche mit dem Dekan des Kirchenkreises Hanau
2021 – Bauvoranfrage beim Main-Kinzig-Kreis
2021 – Erneute Kontaktversuche und Kontakt zur Bauberatung der Landeskirche
2022 – Schwierige Gespräche mit der Bauberatung der Landeskirche
2022 – Erneute Ausstellung und Präsentation auf dem Hof- und Gassenfest
2022 – Anschließende Ausstellung in der Ev. Kirche in Rückingen
2023 – Gespräche mit dem Denkmalschutz und Klärung der Möglichkeiten
2023 – Gespräche mit der Bauberatung, Kirchenkreisamt, Orgelsachverständige
2023 – Kostenschätzung durch die beteiligten Architektur- und Ingenieurbüros
2023 – Kontakte zu Fachfirmen im Bereich Heizung, Lüftung, PV-Anlage
2024 – Gemeindeversammlung in der Ev. Kirche Langendiebach


 

Nach wie vor ist das Ziel, Ersatz für das verlorene Gemeindezentrum zu erhalten. Die Kirche sollte sowohl weiterhin für große Gottesdienste und Veranstaltungen in ihrer vollen Größe und entsprechendem Platz zur Verfügung stehen, damit die Gemeinde ihre traditionellen Feste und Veranstaltungen weiterhin erleben kann. Das Erdgeschoss und das Obergeschoss sollten parallel nutzbar sein und auch für nichtgemeindliche Gruppen Tagungs- und Veranstaltungsoptionen bieten. Ziel ist die Öffnung zum Gemeinwesen und Schaffung eines Ortes der Begegnung in Erlensee.

Man konnte oder wollte in der Bauberatung und dem Denkmalschutz der Ev. Landeskirche der Notwendigkeit einer Reduzierung des Gebäudebestands und der Veränderung des Nutzungskonzeptes für die denkmalgeschützte Kirche jedoch nicht folgen. Auch der Aufau einer Photovoltaikanlage auf dem Kirchendach war für die landeskirchliche Bauberatung einfach nicht vorstellbar und wurde strikt abgelehnt. Anbauten an die Kirche wurden zu Beginn ebenfalls wie die Optionen einer möglichen teilweisen Umgestaltung im Gebäude abgelehnt.

Trotz aller Widerstände hat sich der Zukunftssausschuss nicht beirren lassen und hat an seiner Vision eines für die Gemeindearbeit offenen und vielseitig nutzbaren Kirchenraums festgehalten. Über mehrere Exkursionen hat sich der Zukunftsausschuss sachkundig gemacht und ein von Fachleuten als tragfähig erachtetes Gesamtkonzept entwickelt.

Die Schwierigkeiten, zu konkreten Terminvereinbarungen für direkte Absprachen zu kommen, sowie die immensen Preissteigerungen nach Corona haben es dem ehrenamtlichen Gremium sehr schwer gemacht, das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Es kam vor, dass man auf eine Email-Anfrage erst nach 4 Monaten überhaupt eine Reaktion aus Kassel bekam.

Eine fachliche Beratung, die den Namen verdient hätte, hat die Gemeinde in diesen schwierigen Zeiten des Umbruchs und der Veränderung bis in das Jahr 2022 hinein einfach nicht erfahren.

In der Gemeindeversammlung wurde von den Mitgliedern der Kirchengemeinde der lange Atem und die entsprechend schwierige Arbeit des Zukunftsausschuss ausdrücklich gewürdigt. Viele Anwesende konnten nicht nachvollziehen, wieso die Gemeinden in der Metropolregion Rhein-Main der Landeskirche mit ihren Problemen bei der Planung und Entwicklung von innovativen Bauprojekten von der Landeskirche nicht unterstützt werden.

 


Exkursionen zu anderen Kirchen

Der Zukunftsausschuss der Ev. Kirchengemeinde war mehrfach unterwegs und hat sich vor Ort an beispielgebenden Kirchengemeinden und Kirchengebäuden informiert und mit den dortigen Verantwortlichen gesprochen und sich so sachkundig machen können.

  • Exkursion Bad Sooden-Allendorf und Mühlhausen (Thüringen)
  • Exkursion Frankfurt/Main 1
  • Exkursion Frankfurt/Main 2
  • Mehrere Einzel-Exkursionen NRW
  • Exkursion Bad Nauheim

Hof- und Gassenfeste und Präsentationen in der Öffentlichkeit

2019 und 2022 hat der Zukunftsausschuss der Ev. Kirchengemeinde Erlensee in der Ev. Kirche Langendiebach den Stand der Recherchen und auch der Vorarbeiten und Entwürfe zu einer Umgestaltung der Ev. Kirche in Langendiebach in Form einer Ausstellung und einer räumlichen Abhängung (Transparent) für die Emporenverschiebung der Öffentlichkeit vorgestellt.

Dazu wurden die beiden Hof- und Gassenfeste in Langendiebach und die offene Kirche genutzt, um mit den Interessierten und den Gemeindegliedern in einen lebendigen Diskurs gehen zu können. Die positiven Reaktionen haben das Projektmanagement und den Zukunftsausschuss immer wieder in ihrem Vorgehen und den inhaltlichen Schwerpunkten bestärkt. Auch kritische Kommentare konnten so in die Überlegungen einbezogen werden.

Die Ausstellung wurde auch 2022 in der Ev. Kirche in Rückingen gezeigt, um die Entwürfe auch in Rückingen transparent vorzustellen.


 

Wie geht es jetzt weiter? Aufgabe der Pläne? Aufgabe der Kirche?

Die Baumaßnahmen für den Innenumbau der Kirche und das Dach belaufen sich aufgrund der stark gestiegenen Kosten im Baugewerbe aktuell auf ca. 5,25 Millionen Euro, was zu einem regelrechten Schock in den Gremien der Kirchengemeinde führte und sich dort die grundsätzliche Frage nach der Realisierung des Projektes stellte.

Der 2018 mit dem Ziel gegründete Förderkreis, Menschen und Unternehmen für eine finanzielle Förderung zu gewinnen, konnte bisher eine Spendensumme von rund 87.000 Euro vermelden.

Aktuell gibt es eine vorbehaltliche Zustimmung, die Orgelempore nach vorne zu ziehen und Räume einzubauen. Ebenso ist es möglich, die Kirchenbänke durch eine Bestuhlung zu ersetzen.

Durch Farbtapete angedeutetes Vorziehen der Orgelempore

Der so entstandene Raum mit angedeuteter Zwischendecke, wie Peter Cord und Hubert Heck vom Projektmanagement zeigen

Blick auf den so entstehenden neuen Raum im Obergeschoss

Derzeit wird die Möglichkeit geprüft, ein Dachsicherungskonzept aufzustellen und die angestrebten Umbauarbeiten eventuell sukzessive durchzuführen.

Aufgrund der überaus hohen Kosten für eine Renovierung der Orgel – aktuell liegen die Kosten bei über 175.000,- € – wird auch an eine Veräußerung bzw. Weitergabe des denkmalgeschützten Instruments gedacht. Mit den hier bereits eingegangenen Spenden könnte im Einvernehmen mit den Spendern eventuell ein kleineres und auch mobileres Ersatzgerät beschafft werden.

Der Zukunftsausschuss startete mit 25 Mitgliedern, aktuell sind es 15 mit 3 neuen Interessierten nach der Gemeindeversammlung. Unter dem Motto „Mit weniger werdenden Mittel ein Höchstmaß an Veränderung erreichen!“ wird die Arbeit weitergeführt und weiterhin an der Idee der lebendigen Gemeinde festgehalten.

 

Auf dem Titelfoto: Dunkle Wolken über der Ev. Kirche Langendiebach

Bericht und Fotos: Markus Sommerfeld

 

 

 

 

 

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