„Bitte helfen Sie, damit das Hallenbad erhalten bleiben kann“: Ein Appell von Betriebsleiter Markus Täufer

(ms/ea) – In einem Appell, der nachfolgend im Wortlaut aufgeführt ist, wendet sich Markus Täufer, seit 1996 Betriebsleiter des Hallenbads Erlensee, an die Öffentlichkeit:

Am 15.12.2022 wird die Stadtverordnetenversammlung darüber abstimmen, ob das Hallenbad Erlensee seine Pforten für immer schließt oder nicht. Sollte die Entscheidung so kommen, dann wird Schwimmen in Erlensee für eine sehr lange Zeit, oder sogar für immer, nicht mehr möglich sein.

Das Hallenbad Erlensee wurde von 1974 – 1976 erbaut und eröffnete am 03. März 1976. Ob das Hallenbad noch seinen 47 Ehrentag erlebt, ist mehr als fraglich.

Warum das Hallenbad wohl geschlossen wird, kann sich jeder sicherlich denken. Es geht um das liebe gute Geld. Jedem dürfte bewusst sein, dass ein städtisches Hallenbad eine freiwillige Leistung ist und die Kommune sämtliche anfallende Kosten eigenständig tragen muss. Dadurch, dass die Ausgaben der Städte und Gemeinden in den letzten Jahren massiv zugenommen haben, dies aus unterschiedlichen Gründen, wird es immer schwieriger, freiwillige Leistungen aufrecht zu erhalten. Und wenn der Haushalt für das nächste Jahr „schief“ hängt, muss eingespart werden. Und wo wird dann gespart? Natürlich bei den freiwilligen Leistungen, wie z.B. einem städtischen Hallenbad.

Es alleine an der Energiekrise oder der Pandemie festzumachen, ist falsch. Es gibt weitaus mehr Gründe, warum immer mehr Kommunen in finanzielle Nöte kommen. Und an diesen Gründen ist unsere Regierung nicht schuldlos.

Regierung, Schulämter, Schulträger usw. fordern lautstark, dass Kinder schwimmen lernen müssen. Es wird gefordert, dass Bäder geöffnet bleiben, aber es kommt keine finanzielle Unterstützung der Fordernden. Was gezahlt wird, ist ein Tropfen auf den heißen Stein. Sicherlich gibt es immer wieder Förderprogramme, an denen sich Kommunen „bewerben“ können um finanzielle Unterstützung zu erhalten, wenn es sich um eine Sanierung handelt. Das ist auch gut. Aber es bedarf mittlerweile mehr als 30 – 40 – 50 % einer finanziellen Unterstützung bei einer Sanierung. Die restliche Summe, die man für eine Sanierung benötigt, muss die Kommune eigenständig aufbringen. Und wie? Über einen Kredit, welcher natürlich abbezahlt werden muss. Und schon steigt die jährliche Belastung des Budgets eines öffentlichen Bades. Je nach Größe eines Bades dürfte sich die jährliche Belastung auf 2 – 4 Millionen Euro belaufen. Eher mehr wie weniger. Da muss man sich wirklich nicht wundern, wenn Kommunen, Bäder aus finanziellen Gründen schließen müssen.

Wer leidet unter der Schließung des Hallenbades in Erlensee?

Sicherlich wird immer wieder gesagt, dass die Kinder nicht mehr schwimmen lernen können, wenn es keine Bäder mehr gibt. Das ist auch so. Kindergärten können nicht mehr zum Planschen kommen. Aber nicht nur Kinder lernen nicht mehr schwimmen, sondern Erwachsene können ihren Schwimmsport nicht mehr ausüben. Egal ob es sich hierbei um Schwimmen, Aquacycling, Aquajogging oder anderen sportlichen Aktivitäten im Wasser handelt. Ältere Menschen, die unser Hallenbad besuchen um sich noch fit zu halten, Unterhaltungen führen, wird eine Plattform der Kommunikation genommen. Vielleicht die letzte, die sie noch haben. Kleinkindern kann das Wasser nicht mehr nähergebracht werden und haben es dann im schwimmlernfähigen Alter massiv schwerer zu lernen, da es keine/kaum Wassergewöhnung gibt. Reha Sport kann nicht mehr angeboten werden. Viele Menschen brauchen die angeleitete Bewegung im Wasser, um sich überhaupt noch bewegen zu können. Die DLRG wird es schwer haben weiter zu existieren, da die Trainingsgelegenheit nicht mehr da ist. Vielleicht ist ein Ausweichen in ein anderes Bad möglich, aber die Eltern, welche ihre Kinder zum Training fahren, werden sich sicherlich überlegen, ob sie das noch machen, da Zeit und Kosten (bei den heutigen Spritpreisen) sich erweitern/erhöhen. Auch die TSGE wird es schwer haben, ihre Schwimmabteilung aufrecht zu erhalten. Dies aus den gleichen Gründen wie die DLRG. Anbietern und Pächter im Hause werde ihre Leistungen nicht mehr anbieten können.

Und zu guter Schluss natürlich das Hallenbadpersonal. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, welche seit 10 Jahren oder länger in der Einrichtung arbeiten, wird der Arbeitsplatz genommen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, welche vielleicht noch 2 – 4 Jahre bis zur Rente haben, werden sich wohl arbeitslos melden müssen, wenn sie nicht in einer anderen Einrichtung übernommen werden können. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mit Herzblut ihre Aufgaben ausführen und mit Leib und Seele für die Stadt Erlensee im städtischen Hallenbad arbeiten.
Ich möchte in keinster Art und Weise unserem Bürgermeister, der Stadtverwaltung, dem Magistrat oder den Stadtverordneten die Schuld geben, dass sie wohl aus finanziellen Gründen das Hallenbad schließen müssen. Sicherlich war immer wieder in der Presse zu lesen, dass das Hallenbad nicht geschlossen wird und sicherlich wurde mit dem Hallenbad auch immer wieder Werbung in der Außendarstellung der Stadt betrieben.

Was ich mir von der Stadt Erlensee erhoffe:

1. Nochmalige Prüfung, ob das Hallenbad nicht doch weiter betrieben werden kann.
a. Zu den regulären Öffnungszeiten
b. Dies zu verkürzten Öffnungszeiten
i. Dies als Übergangslösung.
2. Regierung, Schulämter, Schulträger usw. anschreiben und finanzielle Unterstützung anfordern, mit dem Hinweis, dass das Bad ansonsten geschlossen werden muss. Hier muss aber klar geregelt sein, dass es sich um eine dauerhafte Unterstützung handelt und nicht um eine einmalige.

Was ich von der Regierung sofort fordere:

1. Sich dem allgemeinen Problem anzunehmen und nicht an die Länder abschieben. Diese schieben es weiter an die einzelnen Kreise und Kommunen und alle halten das Problem für gelöst.
2. Eine jährliche finanzielle Unterstützung aller öffentlicher Hallen- und Freibäder in Deutschland. Diese muss mindestens 80 % der jüngsten finanziellen Kosten der einzelnen Bäder von den einzelnen Kommunen, betragen.
a. Wer andere Länder unterstützt sollte zuerst einmal sein eigenes Land unterstützen.

In den vergangenen 17 Jahren sind durchschnittlich jährlich 80 Schwimmbäder geschlossen worden. Dieses schleichende Bädersterben muss endlich beendet werden! Um dieser Forderung mehr Nachdruck und Gewicht zu verleihen, hat die DLRG im Oktober 2018 eine Online-Petition ins Leben gerufen. Rund 120.000 Unterschriften sind so zusammengekommen. Nach offizieller Übergabe an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags kam es mittlerweile bereits zu einer öffentlichen Anhörung vor selbigem.
Viele öffentliche Bäder stehen vor bisher ungelösten Problemen. Etwa die Hälfte der Anlagen weisen einen erheblichen Sanierungsstau auf; insbesondere Schwimmvereine und Wasserrettungsorganisationen berichten von einer zunehmenden Bedarfsunterdeckung … . Die aufgrund der sozialen und gesellschaftlichen Leistungen der Bäder erforderlichen Zuschüsse können wegen häufiger Finanzknappheit und struktureller Unterfinanzierung von den Trägern, hauptsächlich Kommunen, immer weniger geleistet werden. Quelle: DLRG (dlrg.de)

Was ich mir von Privatpersonen, Unternehmen, Geschäftsleuten, Gönnern usw. aus Erlensee und der Umgebung für das Hallenbad Erlensee wünsche:

1. Helft mit, konstruktive Lösungen zu finden, welche auch umsetzbar sind.
2. Eine finanzielle Unterstützung braucht das Hallenbad, ja. Aber bitte bedenken, dass wir hier von Millionen sprechen. 100.000 – 200.000 Euro alleine reichen nicht. Das wäre sicherlich ein Anfang, aber würde das Problem nicht final lösen.
3. Die Unterstützung muss jährlich erfolgen, da wir bei einer einmaligen Hilfe, Ende des nächsten Jahres wieder da sein werden, wo wir jetzt stehen.
4. Besucht unser Hallenbad solange es noch offen ist. Zeigt, wie wichtig Euch diese Einrichtung ist.

 

Mein Name ist Markus Täufer. Ich bin Betriebsleiter des Hallenbads Erlensee und arbeite seit Januar 1996 in der Einrichtung. Ich werde alles versuchen, dass uns das Hallenbad erhalten bleibt. Bitte helfen Sie mir, der Stadt Erlensee und damit dem Hallenbad, dass dieses schöne Bad noch über viele Jahre erhalten bleiben kann. Wir haben nicht viel Zeit.

Und ja. Das Hallenbad muss saniert werden. Leider belaufen sich die Kosten hierfür wohl im zweistelligen Millionenbereich. Auch diese Tatsache darf man nicht verheimlichen.

Und ja. Seit vielen Jahren steht das Hallenbad Erlensee immer wieder im Focus, aufgrund der Kosten.

Und ja. Es wurde immer wieder geschafft, dass das Hallenbad geöffnet bleibt.

Und ja. Wir schaffen es wieder. Und ja. Nicht nur für 1, 2, 3 Jahre.

Danke

Markus Täufer

 

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