Stadt Hanau übernimmt Traditionshaus Brachmann

(pm/ea) – Die Stadt Hanau will die nach eigenen Angaben erfolgserprobten Instrumente ihres Stadtentwicklungsprogramms „Hanau aufLADEN“ anwenden, um das ansonsten drohende Aus für das Traditionsgeschäft Spielwaren Brachmann zu verhindern.

Hintergrund ist, dass die Inhaber keinen Nachfolger finden konnten und die Immobilie zum Verkauf anbieten wollten. Für das Wohn- und Geschäftshaus an der Ecke Rosen-/Salzstraße sollen Leerstand und ungewollte Nutzung abgewendet, eine nachhaltige Entwicklung im Sinne der Stadt eingeleitet, die Kündigung der betroffenen Mitarbeiter vermieden und eine Tradition fortgeführt werden, kündigt Oberbürgermeister Claus Kaminsky in einer Pressemitteilung an.

Es ist geplant, den Gebäudekomplex über die städtische BauProjekt GmbH zu erwerben und das seit 176 Jahren bestehende Geschäft samt Personal und Waren durch die Hanau Marketing GmbH (HMG) zu übernehmen, um es von ihr mit einem neuen Konzept weiter zu betreiben. Die Stadtverordnetenversammlung muss der dafür erforderlichen Bürgschaft zum Immobilienerwerb durch die BauProjekt noch zustimmen, der Magistrat hat bereits zugestimmt.

„Wir stehen in besonderer Verantwortung, nicht nur eine zukunftsfähige Innenstadt für morgen zu gestalten, sondern auch dafür, Spekulantentum abzuwenden“, betont Kaminsky, der die Mechanismen des Stadtentwicklungsprogramms „Hanau aufLADEN“ auch in diesem Fall „bestens und rechtzeitig greifen“ sieht. Dabei gehe es auch darum, ein Stück „Hanauer Kulturgut“ mit dem über 175 Jahre bestehenden Spielwarenladen an dieser prominenten Lage in der Innenstadt zu erhalten, sagt der Oberbürgermeister. „Nahezu jedes Kind und jeder Erwachsene in Hanau kennt dieses Traditionsgeschäft, das genauso wie das Hessische Puppenmuseum mit der Stadt verwachsen ist, und das dort aufgrund seiner langen Geschichte ganze Vitrinen mit kulturhistorischen Spielzeugen füllen könnte.“

Ausgelöst durch die Vorkaufsrechtssatzung, einem wesentlichen Instrument des Stadtentwicklungsprogramms, das die Stadt Hanau Ende 2019 erlassen hat, war der Immobilieneigentümer proaktiv in Verhandlungen mit der Stadt eingetreten. „Ein großartiges Beispiel, welche Wirkungen das Vorkaufsrecht hat, schon bevor es überhaupt ausgeübt wird. Unser Ziel war und ist es, über dieses Instrument frühzeitig in den Dialog mit Verkäufern und Käufern zu kommen, um gemeinsam Zukunftsideen zu finden. Das hat bei der Immobilie Brachmann ganz herausragend funktioniert“, sagt Kaminsky, der der Familie Lülow für „die vorbildliche Vorgehensweise im Sinne der Entwicklung unserer Innenstadt“ dankt. Kaminsky: „Damit beweist Edgar Lülow einmal mehr, dass ihm Hanau und die Innenstadt sehr am Herzen liegen – eine Eigenschaft, die ihn schon als Vorsitzender der einstigen Citywerbung, Initiator des Hanau Marketing Vereins und als langjähriger Sprecher des Einzelhandelsverbands ausgezeichnet hat.“

Mit dem bundesweit beachteten und prämierten Stadtentwicklungsprogramm „Hanau aufLADEN“ steuert Hanau angesichts wachsender Probleme für den stationären Einzelhandel allgemeinen Trading-down-Effekten entgegen. Neben der zunehmenden Konkurrenz durch große Online-Anbieter gibt es für viele inhabergeführte Geschäfte das zusätzliche Problem, keine Nachfolger zu finden. Wenn sie ausbleiben, droht den betroffenen Lagen Leerstand oder angesichts steigender Immobilienpreise eine Nachnutzung, die nicht im Sinne einer lebendigen und nachhaltigen Einkaufsstadt sind. Durch Anmietung oder Kauf entsprechender Einzelhandelsimmobilien seitens der Stadt soll im Rahmen des umfassenden Programms ein insgesamt attraktiver Mix aus inhabergeführtem Handel und Filialisten, aus Gastronomie, kulturellen Veranstaltungen, Märkten und neuen Konzepten wie Pop-up-Läden geschaffen beziehungsweise erhalten werden.

„Die Immobilien sind dabei der Schlüssel zur Stadtentwicklung, denn überlassen wir sie allein dem Markt, treten Entwicklungen entgegen unserer städtebaulichen Ziele ein, und dem Spekulantentum werden Tür und Tor geöffnet“, erläutert Kaminsky. Er betont ausdrücklich, dass die Stadt mit dem Erwerb der Brachmann-Immobilie kein finanzielles Abenteuer eingeht: „Die Kostenkalkulation zeigt, dass bei einer Gegenüberstellung der Finanzierungskosten zu den Bestandsmieten ein Liquiditätsüberschuss erzielt wird.“ Es handele sich also um „eine Win-Win-Situation“, bei der Leerstand vermieden, Spekulation unterbunden und ein traditionsreiches Angebot in der Stadt erhalten und erneuert werde, stellt der Oberbürgermeister fest. Gleichwohl werde es sicherlich nicht der Regelfall sein können, dass sich eine städtische Gesellschaft als Einzelhändler betätige.

Marina und Edgar Lülow, Geschäftsführer und Inhaber der Heinrich Brachmann GmbH, werden den Spielzeugladen noch bis Ende Juni betreiben. Geplant ist, dass die Hanau Marketing GmbH die Namensrechte und damit die Firmierung Spielwaren Brachmann übernimmt, ab 1. Juli das 300 Quadratmeter große Ladengeschäft bei der städtischen Baupro GmbH anmietet und unter neuem Konzept weiter betreibt. Dafür wird die HMG einen Storemanager einsetzen und auch Personal der Heinrich Brachmann GmbH übernehmen. „Uns kommt dabei die Erfahrung mit dem äußerst erfolgreichen KunstKaufLADEN Tacheles zugute, der – als bislang einziger von der Hanau Marketing GmbH selbst betriebener Laden – einen echten Akzent zur Innenstadtbelebung gesetzt hat“, sagt HMG-Geschäftsführer Martin Bieberle. Ziel sei es, durch moderne Konzepte und Ideen das Geschäft anzukurbeln und dabei die große Tradition von Brachmann aufzugreifen und zu erhalten. Das Spielwaren-Geschäft soll auf die heutigen Anforderungen der Kunden ausgerichtet und die Marke damit zukunftsfähig gemacht werden.

Das Traditionshaus ist im Jahr 1846 von der Familie Brachmann in Hanau gegründet worden und bringt seitdem mit seinem Spielwaren-Angebot ganze Generationen von Kinderaugen zum Leuchten. Das Gebäude an der Rosenstraße war wie der überwiegende Teil der Stadt beim Bombenangriff vom 19. März 1945 zerstört worden. Sieben Jahre nach dem 1954 abgeschlossenen Wiederaufbau verkaufte Gertrud Brachmann, die letzte Inhaberin der Familie in fünfter Generation, das Geschäft. Von den damaligen Erwerbern Gisela und Karl Huster übernahm 1992 das Ehepaar Marina und Edgar Lülow den Spielwarenladen. „Jetzt sind wir auch ins Rentenalter gekommen. Angesichts der Corona-Auswirkungen und verschärfter Bankenrichtlinien bei Firmenübernahmen war es nicht möglich, einen Nachfolger zu finden. Deshalb sind wir froh, dass wir mit der Stadt eine Lösung gefunden haben, dass das Traditionshaus Brachmann weiterbestehen kann“, freuen sich Marina und Edgar Lülow, die Spielwaren Brachmann Ende Juni an die HMG übergeben werden.

Foto: Hanau Marketing GmbH

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