Rainer Kraus, Leiter der Polizeistation Hanau II, verabschiedet sich in den Ruhestand

(ms/ea) – Erster Polizeihauptkommissar Rainer Kraus, seit 2014 Leiter der Polizeistation Hanau II, geht Ende August in den wohlverdienten Ruhestand. Im Gespräch mit Erlensee Aktuell hat er seine Dienstzeit noch einmal Revue passieren lassen.

Zum Ende einer langen Dienstzeit fragt man traditionell immer nach besonderen Vorkommnissen, die im Gedächtnis bleiben, wobei hier in Hanau natürlich der Anschlag vom 19. Februar 2020, bei dem 10 Menschen und auch der Täter ums Leben kamen, deutlich hervorsticht.

Dieser Anschlag war ganz klar eine Ausnahmesituation, wie sie hier und hessenweit noch niemand erlebt hat. Die Kolleginnen und Kollegen, die in der Tatnacht im Einsatz waren, haben ihr Bestes gegeben. Auf eine solche Situation kann man sich so gut wie gar nicht vorbereiten und sie auch nicht üben.

Bei uns hier in der Dienststelle wurden danach Kolleginnen und Kollegen des Bundeskriminalamtes über einen längeren Zeitraum untergebracht, die Ermittlungen vor Ort durchführten. Für uns war es natürlich eine Selbstverständlichkeit, Räume dafür zur Verfügung zu stellen, wenngleich es eine große logistische Herausforderung war. Die Zusammenarbeit hat vorbildlich funktioniert, auch wenn jeder zusammenrücken musste und es teilweise sehr beengt zuging.

Kurz nach dieser Zeit begann übrigens die Corona-Pandemie, und ich habe mich oft gefragt, wie wir dies unter den geltenden Corona-Regelungen hätten durchführen können.

Welche Auswirkungen hatte die Corona-Zeit auf die Arbeit der Polizei?

Wir haben hier viel Glück gehabt und mussten keine Polizeistationen schließen. Dennoch waren die ganzen Verordnungen eine sehr große Herausforderung für uns, was sich unter anderem auch bei der Gestaltung der Schichtpläne zeigte. Eine räumliche Trennung ist innerhalb einer Dienstgruppe zudem nur schwer möglich. Aber, wie gesagt, wir sind gut durch diese Zeit gekommen.

Wir haben über den Anschlag von Hanau und die Corona-Pandemie gesprochen. Welche weiteren Ereignisse haben sich hervorgetan?

Mein Einstieg als Leiter der Polizeistation Hanau II im Jahr 2014 fiel in die Zeit, als in Erlensee zahlreiche Vandalismus-Taten Schlagzeilen machten, die natürlich sehr herausfordernd waren.
Letztendlich haben wir jedoch die Sache in guter Zusammenarbeit mit den Fachkommissariaten der Polizeidirektion Main-Kinzig und der Stadt Erlensee in den Griff bekommen.

Darüber hinaus ist der Großbrand auf dem Fliegerhorst zu nennen.

Bei dem Sie ja die Wasserwerfer der Polizei aus Mühlheim zur Unterstützung anforderten.

Richtig. Ich war damals selbst vor Ort und mir kam die Idee, hier als Polizei zu unterstützen. Diese gemeinsame Löschaktion, Wasserwerfer der Polizei neben den Feuerwehrfahrzeugen, hat mich doch sehr beeindruckt.

Der Fliegerhorst hat uns aber auch weiter beschäftigt, wenn ich da nur an die ganzen Bombenfunde denke mit den Evakuierungsmaßnahmen. Hier ist auf jeden Fall der damalige Leiter des Erlenseer Ordnungsamtes , Peter Cord, zu nennen, dem ich für die hervorragende Zusammenarbeit sehr dankbar bin.

Der Hessentag in Langenselbold im Jahr 2009 ist natürlich auch als absolutes Highlight zu nennen.

Für mich schließt sich jetzt der Kreis meiner Dienstzeit übrigens im Wald: Bei den Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit dem Bau der Startbahn West war ich als Bereitschaftspolizist im dortigen Wald im Einsatz. Und jetzt vor wenigen Wochen führte ich die parlamentarischen Beobachter von Bundestag und Landtagen ebenfalls durch den Wald zu den Demonstrationsorten gegen den Bau der A49 in Nordhessen. Da schließt sich der Kreis.

Unabhängig von den Einsätzen bleibt mir auch ein weiteres Ereignis im Gedächtnis haften, als ich vor etwa 20 Jahren als Dienstgruppenleiter hier in Hanau mit einem Kollegen die neu gelieferten Dienstfahrräder ausprobierte. Weit bin ich damals nicht gekommen, da ich wegen einer roten Ampel bremsen musste und dabei kopfüber über den Lenker geflogen bin. Mein Kollege hat sich dabei kaputtgelacht, während ich mit Schürfwunden davon kam. Ich hätte vielleicht doch die Funktion der neuen Bremsen erst auf der Dienststelle testen sollen.

Gott sei Dank war es damals nicht üblich, alles und jeden mit einem Handy zu filmen, sonst hätte die Aufnahme Furore gemacht.

Heute wird alles gefilmt und sofort werden Sequenzen über die sogenannten sozialen Netzwerke verteilt. Was uns zu der Frage bringt: Wie hat sich insgesamt der dienstliche Alltag verändert?

Gerade das Thema „Filmen mit dem Handy“ ist ein Beispiel dafür, wie die Polizei heute vielfach falsch dargestellt wird. Denn die jeweils geteilten Sequenzen zeigen meist nur einen Ausschnitt eines Einsatzes. Beispielsweise wird eine Festnahme gezeigt, aber nicht erwähnt, was sich im Vorfeld abgespielt hat und wie es dann zur Festnahme kam.

Wenn man die Berichterstattung in manchen Medien verfolgt und dann auch noch öfter einmal einen Blick in die sogenannten sozialen Netzwerke wirft, muss man den Eindruck gewinnen, dass man vor der Polizei Angst haben muss.

Was mich sehr betroffen machte, war ein Gespräch mit einer Mutter von Jugendlichen, die mir schilderte, dass diese gerade aufgrund von solchen Videos Angst davor haben, von der Polizei verprügelt zu werden.

Ich finde es grundsätzlich schlimm, dass Einzelfälle in der Polizei sofort verallgemeinert werden. Dies hat die Folge, dass sich auf der einen Seite Angst gegenüber der Polizei bildet und auf der anderen Seite der Respekt gegenüber den Beamtinnen und Beamten sehr nachgelassen hat. Meine Kolleginnen und Kollegen spüren dies täglich und sie leiden darunter.

Was sich auch geändert hat, ist die mangelnde Kommunikation der Menschen untereinander. Im Gegensatz zu früher ruft man heute sofort die Polizei an, wenn der Nachbar zu laut ist. Früher hat man diesen erst einmal selbst gebeten, sich etwas leiser zu verhalten.

Was bleibt an positiven Erlebnissen hängen?

Es gab natürlich viele Momente, die man gar nicht alle aufzählen kann, und mir gezeigt haben, dass unsere Arbeit von den Bürgerinnen und Bürgern sehr geschätzt wird, auch wenn, wie bereits besprochen, das Klima rauer geworden ist. Hervorheben möchte ich die gute Zusammenarbeit mit den Kommunen und natürlich das hervorragende tägliche Miteinander mit meinen Kolleginnen und Kollegen.

Ein Kapitän ist immer nur so gut wie seine Mannschaft. Ohne diese kann er das Schiff nicht steuern. Genauso verhält es sich hier bei der Dienststelle Hanau II: Ohne diese tolle Mannschaft wäre es mir nicht möglich gewesen, die Station zu führen.

Große Fußstapfen für den Nachfolger: Welchen Rat geben Sie ihm mit auf den Weg?

Ich weiß diese Dienststelle bei meinem Nachfolger Frank Geist in sehr guten Händen. Er wird weiterhin die gute Zusammenarbeit mit den Kommunen pflegen und sich als neuer Kapitän auf die Mannschaft Hanau II voll verlassen können.

Aus gut unterrichteten familiären Kreisen war zu erfahren, dass Sie sich für Ihren Ruhestand einiges vorgenommen haben…

Ich habe zur Freude meiner Frau Spaß am Kochen und Backen entdeckt. Hier übe ich bereits. Außerdem werde ich mit ihr jetzt mehr Zeit haben für Nordic Walking und Radfahren.
Darüber hinaus wollen wir so manches Gebirge erwandern.

Was wir bisher nicht erwähnt haben, ist ein weiteres Highlight in ihrer Dienstzeit, das damals große Kreise zog, als plötzlich Bodo Bach auf der Dienststelle anrief und sie fragte, was er mit seinem ganzen Koks machen solle.

Das ist in der Tat bis heute unvergesslich und legte damals den Grundstein, dass meine Frau und ich Bodo Bach-Fans wurden und mittlerweile mit ihm freundschaftlich verbunden sind.
Die meisten der jungen Kolleginnen und Kollegen werden diesen Anruf leider gar nicht kennen, er lag ja auch noch vor der Zeit der großen Digitalisierungswelle.

Bleibt zum Abschluss nur noch, Ihnen alles Gute für Ihren Ruhestand zu wünschen und auch die Grüße vom FFH-Team sowie von Robert Treutel (Bodo Bach) zu übermitteln.


Der Anruf von Bodo Bach ist hier zu hören:

 

Ein herzliches Dankeschön ergeht an das Team von FFH für die kurzfristige Zusendung des Audio-Files und an Robert Treutel (Bodo Bach) für die Genehmigung, dieses öffentlich zugänglich zu machen.


 

Der Werdegang von Rainer Kraus bei der Polizei:

  • Eintritt und Ausbildung bei der Hessischen Bereitschaftspolizei in Kassel und Mühlheim
  • 3 Jahre Einsatzeinheit Offenbach
  • 4 Jahre 2. Polizeirevier Offenbach
  • 1994 – 1995 Polizeistation Maintal
  • 1995 – 2006 Polizeistation Hanau II
  • 2006 – 2007 Polizeistation Hanau I
  • 2007 – 2010 Polizeistation Hanau II
  • 2010 – 2014 Polizeistation Großauheim
  • seit 2014 Polizeistation Hanau II.

 

Auf dem Titelfoto: Rainer Kraus mit der roten Laterne im Vordergrund, die traditionell mit dem jeweiligen Namensschild des Jungpensionärs versehen und an den Nachfolger übergeben wird.

Die Fragen stellte Markus Sommerfeld

Foto: Markus Sommerfeld

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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