Kommunalwahl am 14. März 2021: Erlensee Aktuell fragt – Bündnis 90/Die Grünen, CDU und SPD antworten

(ms/ea) – Zur Kommunalwahl am 14. März 2021 hat Erlensee Aktuell die zur Wahl stehenden Parteien Bündnis 90/Die Grünen, CDU und SPD zu aktuellen Themen in Erlensee befragt. Die Antworten werden ab heute täglich veröffentlicht. Den Anfang macht das Thema Wirtschaft und Finanzen.

Geantwortet haben die Parteivorsitzenden der drei Parteien:

Für Bündnis 90 / Die Grünen: Renate Tonecker-Bös und Dieter Nentwig, für die CDU: Birgit Behr und für die SPD: Birgit Reuhl.

 

Wirtschaft und Finanzen (Teil 1)

 

Der Erhalt sogenannter „freiwilliger Leistungen“ der Kommune auf der einen Seite und die steigende Belastung der Bürgerinnen und Bürger sowie der Gewerbetreibenden durch höhere Steuersätze auf der anderen Seite bildet ein Spannungsfeld, welches bei den jährlichen Haushaltsberatungen immer neu justiert werden muss. Wo sehen Sie hier eine Grenzbelastung und welche Maßnahmen würden Sie im Falle des Eintretens ergreifen?

 

Bündnis 90 / Die Grünen:

Die sogenannten freiwilligen Leistungen machen eine Stadt attraktiv und lebenswert. Dazu gehören Einrichtungen wie die Bücherei, das Hallenbad, das Sportzentrum, aber auch die Vereinsförderung und die Horte. Gleichzeitig darf die Bereitstellung von diesen Leistungen nicht dazu führen, dass die Menschen über Gebühr finanziell belastet werden. Nach unserer Einschätzung werden viele Menschen in Corona-Zeiten schon stark genug belastet.

Deswegen hielten wir es nicht für angebracht, die Grundsteuer in Erlensee für das Jahr 2021 zu erhöhen.

Wie die konkreten Steuerbelastungen in den kommenden Jahren aussehen werden, ist nicht vorhersehbar. Selbstverständlich werden wir Grünen kontinuierlich eine Abwägung zwischen den wünschenswerten freiwilligen Leistungen und den steuerlichen Belastungen vornehmen.

Die hessischen Kommunen, so auch Erlensee konnten sich in den letzten Jahren mithilfe des Landes Hessen weitgehend von ihren Schulden befreien.

Auch in Zukunft muss es der Stadt möglich sein, ihre Aufgaben und die damit verbundenen finanziellen Herausforderungen ohne außerordentliche Belastung ihrer Bürger zu stemmen.

CDU:

Gemäß der Hessischen Gemeindeordnung sind bei defizitären Haushalten Steuern, Gebühren und Beiträge zu erhöhen und/oder die freiwilligen Leistungen zu reduzieren.

Zu den freiwilligen Leistungen gehört unser Schwimmbad, die Bürgerhäuser und auch die Stadtbücherei. Die Mehrheit der Stadtverordneten ist der Meinung, dass das Hallenbad mit einem Zuschussbedarf von rund 1 Mio Euro im Jahr für die Bürger erhalten bleiben soll. So auch die Stadtbücherei. Die Bürgerhäuser bzw. Hallen werden vorwiegend von unseren Vereinen genutzt. Um dies den Bürgern und Vereinsmitgliedern weiterhin zu ermöglichen, bleibt eben nur die Möglichkeit, an der Steuerschraube zu drehen. Dies wurde jetzt getan.

Ich muss sagen, dass die finanzielle Mehrbelastung durch die Erhöhung der Grundsteuer noch moderat ist. Würde man diese Maßnahme nicht ergreifen oder die finanzielle Lage der Stadt verschlechtert sich weiter, würde ich dafür plädieren, auf das Hallenbad zu verzichten, wie es viele andere Kommunen auch tun müssen.

SPD:

Wir gehen nicht davon aus, dass die Belastungen für die Bürger und Bürgerinnen in Erlensee weiter steigen werden. Mit unseren Gewerbeansiedlungen vor den Toren unserer Stadt sehen wir uns gut aufgestellt für die zukünftigen finanziellen Herausforderungen. Denn die Ansiedlung von Gewerbe brachte Erlensee bereits eine Steigerung der Gewerbesteuereinnahmen um 246 Prozent seit 2011. Wir können berechtigter Weise davon ausgehen, dass die Einnahmen aus Gewerbesteuern auch künftig steigen werden und eventuell steigende Mehraufwendungen im Bereich der freiwilligen Leistungen finanzieren. So haben wir im Bereich der Kinderbetreuung in Erlensee seit 2014 pro Jahr etwa 1,5 Kindergartengruppen (37 Kinder) aufgestockt und der Bedarf an KiTa-Plätzen wird weiter wachsen.

Durch unsere vorausschauende Gewerbeansiedlungspolitik werden wir nicht auf eine bedarfsgerechte Kinderbetreuung (auch im Hort-Bereich) in unserer Stadt verzichten müssen. Genauso wenig wie auf das Schwimmbad und die Bücherei natürlich.

Im Übrigen: Der Haupttreiber auf der Ausgabenseite sind nicht die freiwilligen Leistungen, sondern die durch Bund und Land per Gesetz verordneten Mehrungen im Bereich der Pflichtleistungen, wie z.B. im KiTa-Bereich durch das Gute KiTa-Gesetz. Es wird unser Ziel sein, auch diese Mehrbelastung durch die oben beschriebenen, vorausschauenden wirtschaftspolitischen Maßnahmen in einem Rahmen zu halten, der die Belastung in Erlensee nicht über die der Nachbarkommunen steigen lässt.

 

In Erlensee wurden Unternehmen angesiedelt, für die Logistik zum Kerngeschäft gehört. Die Logistik-Branche steht in den nächsten Jahren durch Digitalisierung, Robotik und Nachhaltigkeit vor gewaltigen Veränderungen. Welche langfristigen Konzepte haben Sie, um den Auswirkungen auf die Stadt zu begegnen?

 

Bündnis 90 / Die Grünen:

Erlensee hat sich in den letzten Jahren fast ausschließlich auf die Ansiedlung von Logistikunternehmen konzentriert. Die Firmengebäude und Hallen entlang der A 45 und auf dem Fliegerhorst stehen jetzt. Ob sie in Zukunft für andere Geschäftsfelder genutzt werden könnten, wissen wir nicht. Es ist für eine Kommune immer gefährlich, sich auf nur eine Branche zu fokussieren. Insbesondere auf dem Fliegerhorst hat man die Chance nicht genutzt, Klein- und Mittelgewerbe anzusiedeln.

Schon heute zeichnen sich die Logistikunternehmen durch einen hohen Automatisierungsgrad aus. Wie sich das auf die Kommune auswirken wird, wenn sich dieser Trend fortsetzen sollte, ist heute nicht absehbar.

CDU:

Das kann man durchaus positiv sehen. Da die Unternehmen für sich selbst verantwortlich sind, müssen sie auch den Weg der Digitalisierung und Nachhaltigkeit ihres Konzeptes gerecht werden. Wenn von Seiten der Gesetzgebung neue Verordnungen erlassen werden, die unsere Umwelt entlasten, müssen die Betriebe denen folgen.

SPD:

Ich weiß nicht genau, worauf Sie hinaus wollen. Unsere Logistiker sind alle recht neu im Betrieb und auf dem modernsten Stand. Die Flotten werden teils mit Gas-Lkw betrieben, sie beziehen ihre Energie aus Photovoltaik, nutzen Regenwasser usw..

Falls Sie den Verkehr meinen (da dieser die Stadt beträfe), so sind unsere Gewerbeflächen alle direkt an die A 45 und A 66 angebunden. Deswegen sind wir als Standort überhaupt infrage gekommen.

Die in Erlensee geschaffenen Arbeitsplätze wie z.B. bei DS Smith, Dachser, Heinemann, und letztlich bereits bei Lidl sind hochwertige Arbeitsplätze, die in diesem Zusammenhang ein enormes Entwicklungspotential mitbringen, da in den nächsten Jahren eben durch Digitalisierung, Robotik und Nachhaltigkeit hier ein Wandel zu immer diversifizierterem Arbeiten erfolgen wird. Insofern steht ein massiver Abbau von Arbeitsplätzen wohl nicht zu befürchten, sind diese Firmen doch auf aktuellem Stand errichtet worden und nicht vor ein, zwei oder mehr Jahrzehnten.

 

Wie beurteilen Sie die bisher in Erlensee geschaffenen Arbeitsplätze hinsichtlich der Zuordnung in die jeweiligen Sektoren und qualitativen Zugehörigkeiten und welche Einflussmöglichkeiten der Politik sehen Sie hier bei der zukünftigen Ansiedlung von Betrieben, auch vor dem Hintergrund der Auswirkungen durch die Corona-Pandemie?

 

Bündnis 90 / Die Grünen:

Jede Branche, so auch die Logistikbranche hat die Arbeitsplätze, die sie zur Bewältigung ihrer Aufgaben brauchen. Die Einflussnahme der Politik ist da sehr begrenzt. Es sind allein unternehmerische Entscheidungen. In der Zukunft sollte die Stadt bei der Ansiedlung weiterer Betriebe darauf achten, dass Unternehmen, die qualifizierte Arbeitsplätze anbieten könnten, zum Zuge kommen.

CDU:

Momentan sind nur noch wenige kleine Grundstücke zu vergeben. Diese sind Handwerksbetrieben und kleinerem Gewerbe vorbehalten. Hier wurde der Magistrat von der Stadtverordnetenversammlung beauftragt die Auswahl zu treffen. Der Fokus liegt hier auf den Betrieben, die bereits in Erlensee angesiedelt sind und sich verändern wollen.

Die großen Unternehmen befinden sich auf dem Fliegerhorst und unterliegen dem Zweckverband und nicht der Stadtverordnetenversammlung. Hier wurden tatsächlich etliche Arbeitsplätze geschaffen. In der Tat sind dies viele Logistikunternehmen die große Flächen beanspruchen und im Verhältnis dazu wenig Personal vorhalten. Dennoch muss man sagen, dass gerade jetzt in der Corona – Pandemie diese Branche boomt und daher nicht mit Gewerbesteuereinbußen gerechnet werden muss.

Natürlich wäre eine Fachhochschule oder Universität in Erlensee eine schöne Sache. Das kann Erlensee sich aber leider nicht aussuchen. Das wird von anderen bestimmt. Wir in der CDU hätten uns beim Beginn der Vermarktung des Fliegerhorstes natürlich Handwerksbetriebe, kleineres Gewerbe, Gastronomie, Freizeit auf diesem damals sehr schönen Gelände gewünscht. Der Zweckverband hat sich zusammen mit dem Planungsverband anders entschieden.

SPD:

Die neu in Erlensee geschaffenen Arbeitsplätze beurteilen wir als gut. Die „Logistiker“ zahlen alle nach Tarif, Lidl sogar nach dem des Einzelhandels (das ist der Tarif, um den die Amazon-Mitarbeiter verzweifelt streiten). Die Firmen haben große Verwaltungsanteile, Produktion und Lager etabliert und beschäftigen auch sehr viele Handwerksbetriebe und Händler aus Erlensee und der Region.

Nur auf Grund und Boden, der aus öffentlicher Hand verkauft wird, hat die Stadt einen Einfluss auf die Auswahl des Käufers. Unser Magistrat wurde vor Kurzem beauftragt, zu prüfen, ob es Möglichkeiten gäbe, eine Fachhochschule für Logistik in Erlensee anzusiedeln. Die nächsten Ausbildungsmöglichkeiten befinden sich in Bingen und Bad Hersfeld. Dies könnte eine wunderbare Ergänzung für unseren Standort sein.

 

Wie beurteilen Sie die Entwicklung des Gewerbeparks Fliegerhorst und welche Handlungsfelder sehen Sie hier zukünftig? Soll der Zweckverband in seiner jetzigen Form erhalten bleiben?

 

Bündnis 90 / Die Grünen:

Die Entwicklung des Gewerbeparks Fliegerhorst ist weitgehend abgeschlossen. Wie lange der Zweckverband in der jetzigen Form erhalten bleiben soll, muss im Hinblick auf seine Aufgaben geklärt werden. Wichtig wäre uns, dass auch der Fliegerhorst vom ÖPNV besser erschlossen wird, damit Menschen auch ohne Auto gut dort hinkommen können. Es wäre erstrebenswert, auch für den Güterverkehr die vorhandene Schienentrasse zu reaktivieren und langfristig auch einen S-Bahnanschluss zu ermöglichen.

Wir wissen, dass der S-Bahn-Anschluss nur langfristig zu realisieren ist. Dennoch ist und bleibt es Aufgabe der Politik, perspektivisch und zukunftsorientiert zu denken und zu handeln.

CDU:

Wie schon vorher erwähnt, hätte sich das Fliegerhorst-Dreieck mit seiner weitläufigen Ansiedlung der oft attraktiven Gebäude angeboten, kleineres Gewerbe, Freizeiteinrichtungen und Büros, eine Diskothek für unsere jungen Leute (die dort ja schon war) und ein wirklich wunderschönes Bürgerhaus (Community Center), schöne Grünflächen zum Verweilen angeboten. Die Chance ist vertan. Außer der Errichtung eines Museums, das die Geschichte des Fliegerhorstes erzählen könnte, sehe ich keinen großen Handlungsspielraum mehr.

Ob der Zweckverband erhalten bleiben soll oder nicht, ist für mich daher nicht relevant.

SPD:

Der Zweckverband hat sich als sinnvoll erwiesen, um notwendige Entscheidungen zusammen mit den Verantwortlichen aus Bruchköbel schnell und effizient zu treffen. Er wird auch weiterhin notwendig bleiben, wenn es darum geht, diesen Gewerbepark qualitativ immer weiter zu entwickeln. Wir als SPD werden unsere Einflussmöglichkeiten nutzen, damit zukunftsträchtige Unternehmen sich ansiedeln können. Unser Ziel sind hochwertige und nachhaltige Arbeits- und Ausbildungsplätze vor Ort.

 

Die Interview-Reihe wird unter www.erlensee-aktuell.com/category/erlensee/kommunalwahl21/ archiviert.

 

 

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