Konjunkturbericht der IHK Hanau: Der Optimismus schwindet

(pm/ea) – Es sieht ganz danach aus, als könnte dem seit 2010 anhaltenden Aufschwung im Laufe des Jahres 2019 die Puste ausgehen.

Das muss aber nicht in die Rezession führen. Wahrscheinlicher ist eine Rückkehr auf einen moderaten Wachstumspfad, wie ihn die deutsche Volkswirtschaft in den Jahren zwischen 1994 und 2007 beschritten hat. Davon geht die Industrie- und Handelskammer (IHK) Hanau-Gelnhausen-Schlüchtern nach Auswertung der aktuellen Konjunkturumfrage aus, die von Ende Dezember bis Mitte Januar durchgeführt wurde.

Unabhängig davon, ob das wirtschaftliche Wachstum künftig etwas moderater oder eine kurze Zeit sogar ganz ausfällt: Die Zeiten der übervollen Staatskassen, die der Bundespolitik ermöglichten, enorme Summen für Rentengeschenke und ähnliches auszugeben, neigen sich ihrem Ende zu. Es wäre besser gewesen, das Geld wäre in Investitionen geflossen und die Staatsverschuldung wäre stärker abgebaut worden.

Seit fast sieben Jahren, seit 2012, wächst die deutsche Wirtschaft von Jahr zu Jahr beträchtlich. Teilweise lagen die Wachstumsraten sogar deutlich über zwei Prozent im Jahr. In den beiden Jahren davor, 2010 und 2011, wuchs das Bruttoinlandsprodukt sogar noch weitaus stärker, aber das war eine ausgleichende Folge der schweren Weltwirtschaftskrise 2008 und 2009. „Ein sieben Jahre anhaltender Aufschwung kommt weltweit nur sehr selten vor. Ich glaube nicht, dass die meisten von uns das noch häufiger erleben werden“, kommentiert IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Gunther Quidde.

Die aktuelle Lage ist laut IHK-Umfrage weiterhin gut. Immerhin 42,3 Prozent der antwortenden Unternehmen aus allen wichtigen Branchen und Teilregionen im Main-Kinzig-Kreis stufen ihre wirtschaftliche Lage positiv ein. Das sind zwar 8,3 Prozentpunkte weniger als vor einem Jahr um diese Zeit, aber mit einem Saldo der guten und schlechten Einschätzungen von +36,3 Prozentpunkten kann die gegenwärtige Situation als eine solide Ausgangslage für das Jahr gewertet werden. Bei der Frage nach den Erwartungen für die kommenden Monate mischen sich nun erstmals seit langem deutliche Molltöne ein: Der Saldo von hohen und geringeren Erwartungen liegt bei nur noch schwachen 6,6 Prozentpunkten – ein Rückgang binnen Jahresfrist um erhebliche 13,3 Punkte. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass vor allem die Industrie massiv pessimistischer in die nähere Zukunft blickt: Statt +28,6 Prozentpunkte wie vor einem Jahr rutscht dieser wichtige Saldo unter null auf schwache -2,9 Punkte. „Die Diskussionen rund um den Brexit, das schwächere Wachstum in China und die zunehmenden Handelshemmnisse in der Welt hinterlassen deutlich sichtbare Spuren in den Unternehmen und darauf abgeleitet im IHK-Konjunkturbericht“, analysiert Quidde.

Seit Jahrzehnten läuft die Industrie der allgemeinen Konjunktur immer ein wenig voraus. Bei Betrachtung der gesamten Antworten zu den Erwartungen der regionalen Wirtschaft fällt die Bewertung deshalb nicht ganz so schlecht aus: 20,3 Prozent der Unternehmen sind optimistischer, vor einem Jahr waren es 28,0, und 13,7 Prozent pessimistischer (Januar 2018: 8,1 Prozent). Es ist also insgesamt eine Verschlechterung zu beobachten, die aber nicht so dramatisch ausfällt wie bei der Industrie.

Der IHK-Konjunktur-Klima-Indikator, er gewichtet die Angaben zur Lage und zu den Erwartungen, erreicht dieses Mal mit 120,5 Punkten erneut einen erfreulich hohen Wert, vor einem Jahr waren es noch überschäumende 131,1 Punkte.

Es kommt ein Kostenproblem

„Ein verlangsamtes Wirtschaftswachstum bei unverändert hohen oder sogar steigenden Sozialausgaben ist gefährlich. Und zwar auch dann, wenn es aktuell noch Finanzüberschüsse des Staates gibt. Zu bedenken ist ja auch, dass in den kommenden Jahren viele Babyboomer in den Ruhestand wechseln. Dadurch kommen zusätzliche Sozialkosten auf unsere Gesellschaft zu. Die Politik sollte sich jetzt rasch der alten Weisheit erinnern, dass die beste Sozialpolitik eine gute Wirtschaftspolitik ist“, warnt der IHK-Hauptgeschäftsführer. Er geht aufgrund der jüngsten Konjunkturdaten davon aus, dass die Steuereinnahmen für Bund, Länder und Kommunen sinken werden. Wenn der Staat nicht sparsamer wirtschaftet, muss er die Steuersätze erhöhen – oder Kredite aufnehmen, die von den nächsten Generationen mühsam abgezahlt werden müssen. Und zwar besonders mühsam, weil die Zahl der künftigen Kreditab- und Steuerzahler wegen des demographischen Wandels sinken wird. Auch könnte das Geld für die dringend notwendigen Infrastruktur-Modernisierungen knapp werden – letztere sind aber wichtig, um die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit des Landes möglichst zeitgemäß zu erhalten. „Vor diesem sehr komplizierten Hintergrund ist jetzt eine investionsfreundliche Steuerpolitik dringend notwendig. Der lahmende Aufschwung braucht schnell belebende Impulse, sonst wird uns schon bald der Sozialstaat zu teuer“, mahnt Quidde.

Lage in den Branchen uneinheitlich

Die Industrie sieht sich mit teilweise massiven Auftragseinbrüchen aus dem In- und Ausland konfrontiert. Besonders stark sind die Vorleistungsgüter-Hersteller betroffen. Diese die Region prägenden, wichtigen Zulieferbetriebe der Weltwirtschaft weisen nur noch ein Erwartungssaldo von -8,1 Prozentpunkten auf – also noch einmal schlechter als die Industrie insgesamt. Das ist ein deutliches Warnsignal, auf das mit einer sinkenden Investitionsneigung hierzulande reagiert wird. „Noch sind diese Erwartungen nicht Wirklichkeit geworden, noch gibt es ein sattes Auftragspolster in den Unternehmen. Aber dieses Ruhekissen wird von Woche zu Woche schmaler“, warnt Quidde. Unverändert gut läuft hingegen die Konjunktur in der Bauwirtschaft.

Relativ pessimistisch sind auch viele Einzelhändler: Das Weihnachtsgeschäft lief vielfach nicht so gut, wie erhofft. Und das, obwohl die Binnennachfrage angesichts sehr geringer Arbeitslosigkeit sehr hoch ist .Verantwortlich ist vielmehr ein strukturelles Problem – der innerstädtische Einzelhandel hat die Chancen des Internet-Vertriebs nicht für sich entdeckt. Laut Zusatzfrage der IHK nutzt nur rund ein Drittel aller Einzelhändler das Internet als Verkaufsinstrument. Völlig anders sieht die Konjunktur bei den boomenden Großhändlern aus: Sehr viele dieser Unternehmen nutzen zu das Internet als Vertriebskanal mit Erfolg, und sie bewerten ihre wirtschaftliche Lage folgerichtig zwar nicht mehr so gut wie vor einem Jahr, aber keinesfalls als schlecht.

Bei den sonstigen Dienstleistern fallen einzelne Geldhäuser erneut mit geringen Erwartungen auf – die niedrigen Zinsen und die noch jungen Internetbanken knabbern an den Margen. Die Hotellerie und Gastronomie antwortete auf die IHK-Fragen wie gewohnt mit hoher kaufmännischer Vorsicht. Bei den Anbietern von personen- und unternehmensbezogenen Dienstleistungen laufen die Geschäfte weiterhin verhältnismäßig gut.

Auch auf dem Arbeitsmarkt bleibt die gute Lage vorerst bestehen. Am Jahreswechsel waren im Main-Kinzig-Kreis nur noch 8.904 Menschen als arbeitslos gemeldet, das war eine Quote von 3,9 Prozent. 6.220 Arbeitslose fielen in die SGB II-Kategorie, diese Personen waren folglich entweder langzeitarbeitslos oder stehen aus sonstigen Gründen dem Arbeitsmarkt nur sehr eingeschränkt zur Verfügung. Die schwächere Konjunktur dürfte diese Zahlen vorläufig kaum beeinflussen, obwohl vor allem in der Industrie, im Großhandel und bei den Banken und Sparkassen auf weitere Neubesetzungen häufig verzichtet wird. „Wir haben aktuell fast Vollbeschäftigung im Main-Kinzig-Kreis. Das verbessert die Nachfrage nach Konsumgütern. Und viele unserer Unternehmen sind in ihren Märkten gut aufgestellt. Zusammen genommen hilft das der Region sehr. Ich denke, dass die wirtschaftliche Entwicklung im Main-Kinzig-Kreis im Vergleich zum Deutschlandtrend eher besser als schlechter läuft. Der Main-Kinzig-Kreis floriert – und das bleibt so, wenn auch auf etwas niedrigerem Niveau“, prognostiziert der IHK-Hauptgeschäftsführer. Sein Rat: „Kreis und Kommunen sind gefordert, jetzt in die Zukunft zu investieren. Noch immer gibt es Gewerbegebiete mit Internet-Verbindungen teilweise deutlich unter 50 Mbit pro Sekunde. Das darf so nicht bleiben! Auch der Mobilfunk ist zu verbessern!“

 

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