„Von der Augenbeobachtung zum automatischen Messnetz“

(ea) – Der Deutsche Wetterdienst (DWD) will bis zum Jahr 2021 sein hauptamtliches Messnetz vollständig automatisieren. Der komplette Wegfall der Augenbeobachtungen – insbesondere auch an Flugwetterwarten – wird kontrovers diskutiert, unter anderem auch innerhalb der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft (DMG). Erlensee Aktuell hat beim DWD nachgefragt.

Wie ist aus Sicht des DWD die Zuverlässigkeit der automatischen Geräte hinsichtlich Ausfällen zu beurteilen? Gibt es eine diesbezügliche Statistik bei bereits betroffenen Stationen, wie oft welche Parameter nicht gemessen werden konnten?

Bevor neue Messtechnik zur Erfassung meteorologischer Parameter im DWD operationell zum Einsatz kommt, prüft der nationale Wetterdienst im eigenen Haus meteorologische Messgeräte und -systeme, die am Markt verfügbar sind, auf ihre Leistungsfähigkeit. Erst wenn die Geräte die erforderlichen Tests erfolgreich bestehen, kann ihre Einführung in den operationellen Betrieb erfolgen. So wird sichergestellt, dass tatsächlich nur die Instrumente zum Einsatz kommen, deren Eigenschaften für verlässliche amtliche Daten unabdingbar sind.

Während im Labor die Eigenschaften der Sensoren unter Innenraumbedingungen getestet werden, erlauben die Prüfungen in der Natur eine Aussage, ob die Instrumente auch für den Feldeinsatz geeignet sind. Dabei ist für jedes Gerät, jeden Gerätetyp, jede Zusatzausrüstung eine besondere Prüfumgebung im Freien erforderlich, was durch die Vielfalt der DWD-Standorte im Bodenmessnetz gut erfüllt werden kann. Der DWD verfügt daher über eine Reihe von Testmessfeldern.

Durch eine permanente Vor-Ort-Sicherung der Messdaten stellt der DWD sicher, dass keine meteorologischen Parameter verloren gehen und auch bei einem längeren Ausfall der Telekommunikationsverbindung im Nachhinein noch abrufbar sind.

Wie beurteilt der DWD die Sicherheitsrelevanz hinsichtlich der Einstellung der Augenbeobachtungen an Flugwetterwarten?

Der DWD führt die Automatisierung der Augenbeobachtungen an Flugwetterwarten in enger Abstimmung mit der Deutschen Flugsicherung GmbH (DFS) sowie weiteren Kunden durch und unter der Aufsicht des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung (BAF). Dabei werden alle Vorgaben der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation ICAO erfüllt.

Welche Parameter unterliegen zukünftig keiner Beobachtung mehr, da sie nicht von den Geräten erfasst werden können? Beispiel wären etwa Gewitter.

Durch bodengestützte Fernerkundungsverfahren sowie insbesondere durch Wettersatelliten können Parameter teilweise indirekt ermittelt werden. So kann z. B. über die Störung des GPS-Signals die Feuchteverteilung in der Atmosphäre ermittelt werden. In Bezug auf Gewitter können deren Entstehung und Verlauf durch die Fernerkundung ganz besonders gut erfasst werden. Neben den Wettersatelliten ist es das Niederschlagsradar und ein Blitzortungssystem, das in Deutschland flächendeckend vorliegt.

Es ist aus heutiger Sicht nicht ein Eins zu Eins Ersatz aller Augenbeobachtungen erforderlich, sondern eine Datengewinnung mit einer hohen zeitlichen Auflösung im Verbund mit den bereits genannten Fernerkundungsdaten der Stand der Wissenschaft. Das Ziel ist es, mehr Profilinformationen über den vertikalen Aufbau der unteren Atmosphäre zu gewinnen und in numerische Vorhersageverfahren kontinuierlich einfließen zu lassen.

Gibt es öffentlich zugängliche Vergleichsmessungen vom Parallelbetrieb Sensoren und herkömmlicher Messtechnik in der Wetterhütte?

Nein, diese Vergleichsmessungen sind die Grundlage für aktuelle meteorologische Forschung zum Anpassen langjähriger Messreihen an geänderte Messtechnik, so dass die Aussagen hinsichtlich der aktuellen Klimawandeldiskussion mit einer verlässlichen Aussage über die Güte der verwendeten Daten getroffen werden können.

Wie gliedert sich aktuell das Messnetz in automatische Stationen, hauptamtliche Stationen und ehrenamtliche Stationen?

Von den 182 hauptamtlichen Stationen sind derzeit noch 36, zumindest zeitweise, mit Personal besetzt. Darüber hinaus verfügt der DWD über ein umfassendes ehrenamtliches Beobachternetz, zu dem rund 1 800 Messstellen gehören.

Die Fragen beantwortete Uwe Kirsche, DWD

Bericht: Markus Sommerfeld

Weitere Infos zum Thema enthält der Flyer „Von der Augenbeobachtung zum automatischen Messnetz“

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