Brillanter Kammermusikabend „Hindemith und Co.“ anläßlich 50 Jahre PHM

(pm/ea) – Auch wenn die Paul-Hindemith-Musikschule Hanau (PHM) in den vergangenen 50 Jahren viele Höhen und Tiefen durchlaufen hat, so bleibt festzuhalten, dass die traditionsreiche Musikschule ein sehr beachtenswertes Niveau erreicht hat. Davon konnte sich das Auditorium des PHM-Kammermusikabends in der Marienkirche Hanau selbst überzeugen.

Rund 20 Dozentinnen und Dozenten der PHM zauberten sowohl solistisch als auch in unterschiedlich besetzten Ensembles eine Vielzahl seltener musikalischer Perlen in die Marienkirche.

Das vermeintlich „bunte Programm“ stand unter dem Motto „Hindemith und Co.“. So kamen auch Werke zu Gehör, die mit Hindemith auf unterschiedlichster Weise korrespondieren können, wie PHM-Schulleiter Jörn Pick in seiner Moderation auch darlegen konnte. Im ersten Teil des rund zweistündigen Konzertes stand natürlich auch Hindemith selbst im Fokus, gab es von dem 1895 in Hanau geborenen Komponisten zwei brillant vorgetragene Solo-Sonaten, einmal für Violine mit Anne Paul und einmal für Cello mit Liudmila Firagina, zu hören. Die von einer enorm weitgefassten dynamischen Bandbreite geprägten Stücke wurden mit viel Verve im geschmeidigen Fluss interpretiert. Den gleichen Hörgenuss bereiteten zuvor Hsiang-Yi Yang am Cello in Begleitung von Yu-Chen Yu, die „Drei leichte Stücke“ von Hindemith im Gepäck hatten.

Als Kontrapunkt agierte da die „Trio-Sonate in e-Moll“ des Barock-Komponisten Georg Philipp Telemann, daraus der erste und zweite Satz, vorgetragen von Jutta Wiltheiss, Querflöte, Ritsuko Kakemizu, Oboe, Weiran Zhang, Klavier und Liudmila Firagina am Cello. Die vier Solistinnen präsentierten sich als ein homogen agierendes Ensemble, das sich die Bälle in der wechselnden Stimmführung zielsicher zuwerfen und so ein sehr luftiges Klanggefüge zu Gehör bringen konnte. Die PHM-Dozentin und Komponistin Marlene Jacobs präsentierte am Flügel ein eigenes Werk mit dem Titel „Zersplittert“. Zart angeschlagene Töne in höchster Lage changieren mit einer Reihe von sich wiederholenden, disharmonisch gesetzten Akkorden und übermäßigen Intervallen, die rhythmisch stufenweise in tiefere Regionen abgleiten. Ein kristallines, stellenweise eisiges Klangmuster baut sich auf, das an einen in tausenden Scherben zerspringenden Spiegel erinnert.

Die sehr plastische Interpretation des Klanggemäldes „Blue Curve on the Earth“ von Tina Davidson durch Nadia Turbay an der Violine und Marlene Jacobs am Flügel ließ nicht nur durch ein konzentriert-hohes Spielniveau aufhorchen, sondern auch durch die Vielzahl an überraschenden Klangeffekten, die für beide Instrumente eingebaut wurden. Das wiederum erfordert ungewöhnliche Spielanweisungen. So müssen mit den Händen die Klaviersaiten teils abgedämpft werden, die Violinistin muss ihrem Instrument mittels unterschiedlichster Spieltechniken stellenweise fremdartige, fein ziselierte Töne entlocken. Das alles vermischt sich zu einem wahren Fest für die Ohren.

Höchst konzentriert bringen Weiran Zhang, Liudmila Firagina, Jutta Wiltheiss und Ritsuko Kakemizu (von links) Telemanns „Triosonate in e-Moll“ zu Gehör

Geht es schon im Gitarrenduo mit einer Notturno von Ferdinando Carulli, interpretiert von Christina und Christian Gutgesell interpretiert, rhythmisch fröhlich schreitend einher, setzen Julia Kohlberger am Flügel und Janna Ignat am Cello mit drei Piazzolla-Tangos noch ein Sahnehäubchen oben drauf. Kraftvoll betonend spürt man jede auf den Punkt gebracht rhythmische Nuance, stets stringent nach vorne treibend, zugleich aber auch, insbesondere in den Piano-Passagen, leicht zurückgezogen agierend.

Ein weiteres Klangfest für die Ohren stellt die Darbietung von Koechlins „Trois pieces“ für Fagott und Klavier dar. Zauberhaft der Beginn, der mit seinem zart aufsteigenden „Hornruf“ des Fagotts die Saiten des Flügels zum leisen Mitschwingen bringt. Es entfaltet sich ein seidenes Zwiegespräch zwischen dem Fagott, gespielt von Heike Städter, und dem Flügel, gespielt von Gabriele Scholz. Oliver Lach, Gitarre und Hsiang-Yi Yang, Cello, interpretieren im klassischen Duktus bekannte Werke von „Metallica“ und Yiruma, bevor sich zum Finale der „Buena vista social club“ (Marrina Carneiro, Francis Maheux, Frank Zeller, Erickson Gonzaléz) die Ehre gibt und sehr stilsicher kubanischen Flair in die Marienkirche bringt. Lang anhaltender Applaus für die Künstlerriege der PHM war denn auch der verdiente Lohn für einen qualitativ hoch angesiedelten Kammermusikabend, der durchaus mehr Zuhörer verdient hätte.

Hatte „Hausherr“ Pfarrer Horst Rühl zu Beginn des Konzertes eine Dachschindel als Jubiläumsgeschenk an die PHM überreicht, konnten sich die Zuhörer am Ende selbst eine der Schindeln mit nach Hause nehmen, fließen die Spenden und der Erlös aus dem Schindelverkauf in die Renovierung der Marienkirche, die Ende des Jahres beendet sein soll.

 

Auf dem Titelfoto: Die rund 20 Dozentinnen und Dozenten der Paul-Hindemith-Musikschule Hanau bereiteten mit einem breitgefächerten Programm rund um Paul Hindemith einen sehr ansprechenden Kammermusikabend im Rahmen des 50-jährigen Jubiläums der PHM

Fotos: PHM

 

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