IHK-Konjunkturbericht: „Nach-Corona-Boom hat begonnen“

(pm/ea) – Die wirtschaftliche Erholung steht bevor, und die ersten Branchen sprinten schon vorneweg. Auch in vielen anderen Branchen kann die Konjunktur schneller und heftiger anspringen, als Pessimisten heute noch vermuten. Zu diesem Ergebnis kommt die Industrie- und Handelskammer (IHK) Hanau-Gelnhausen-Schlüchtern nach Auswertung ihrer aktuellen Konjunkturumfrage.

Um rund fünf Prozent schrumpfte die Wirtschaft vergangenes Jahr – und die ersten Monate des Jahres 2021 waren auch nicht einfach. Trotzdem: In sehr vielen Unternehmen geht es derzeit aufwärts. Überraschend viele Berichte aus der Industrie, dem Dienstleistungsgewerbe und dem Großhandel sind vielversprechend. Der Einzelhandel, die Gastronomie und die Hotellerie sowie das Taxigewerbe brauchen noch Anlauf vor dem Aufschwung. Vor allem brauchen sie das Vertrauen ihrer Kunden genauso wie das Vertrauen der Politik. Das konsequente Umsetzen von Hygieneschutz-Maßnahmen wird nicht reichen – es braucht noch mehr vertrauensbildende Maßnahmen.

Derzeit beurteilt jedes dritte der 204 antwortenden Unternehmen aus dem Main-Kinzig-Kreis (34,8 Prozent) seine wirtschaftliche Lage als „gut“ und jedes fünfte (22,1 Prozent) als „schlecht“. Das ist noch nicht überragend, aber seit der voran gegangenen Umfrage im Januar eine stolze Verbesserung: Die „gut“-Einschätzungen nahmen um zehn Prozentpunkte zu, die „schlecht“-Meldungen fast genauso stark ab. Gegenüber dem Vorjahr beträgt die Verbesserung sogar 20 beziehungsweise 19 Punkte. Das ist die Wende zum Besseren!

Es ist klar: Sehr viele Unternehmen haben die Zeichen der Zeit erkannt, sich in den vergangenen Monaten neu aufgestellt, und nun sehen sie durchaus mit Zuversicht in die Zukunft. Besonders auffällig dabei: Bei Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern zeichnet sich schon jetzt ein kräftig einsetzender Aufschwung ab. Das liest sich fast wie überbordende Euphorie aus Freude über das Bewältigen der Krise. Aber es ist mehr: nüchterne Indikatoren wie die Auftragseingänge der Industrie aus dem In- und Ausland deuten auf eine kräftige Erholung hin. Die Erwartungen und die Umsätze im Großhandel hingegen spiegeln noch die verhaltene Binnennachfrage.

Trotz aller Vorfreude auf bessere Zeiten: Noch sind die Corona-Bremsspuren bei den Erwartungen unübersehbar: Ein Viertel aller Unternehmen, 25,4 Prozent, hofft, dass die kommenden Monate eher günstiger werden – das sind 1,4 Prozentpunkte weniger als in der Januar-Umfrage, aber 16,2 Punkte mehr als vor einem Jahr zu diesem Zeitpunkt. Die Wirtschaft läuft noch mit gebremster Kraft und vorsichtigem Optimismus, aber sie läuft und will noch schneller laufen. Wie sehr sich binnen Jahresfirst die Lage zum Besseren gewandelt hat, zeigt sich deutlich bei der Anzahl der Pessimisten: Im Mai 2020 erwarteten 53,2 Prozent der Unternehmen eine „eher ungünstige“ wirtschaftliche Entwicklung. Anfang 2021 waren es noch 30,1 Prozent Pessimisten. Jetzt sind es lediglich 20,5 Prozent. Das ist noch lange kein Boom, aber ein ausgezeichnet guter Wert, wenn einbezogen wird, was in den vergangenen zwölf Monaten alles geschehen ist.

Der IHK-Konjunkturklima-Indikator gewichtet die Angaben zur Lage und zu den Erwartungen. Dieses Mal erreicht die zentrale Kennzahl einen Wert von 108,7 Punkten – und damit mehr als befriedigend.

Branchen nicht im Gleichlauf – so, wie es ein soll!

Von einem Aufschwung profitieren einzelne Branchen früher als andere. Die Wirtschaft im Main-Kinzig-Kreis entwickelt sich sozusagen wie aus dem Lehrbuch: Teile der Industrie expandieren schon – und hier vor allem die Hersteller von Vorleistungs- und Investitionsgütern wie Chemieprodukten oder Maschinen. Diese Unternehmen wollen investieren und suchen neue Mitarbeiter. Sie hatten Vertrauen in ihre eigene Kraft und entwickelten sich mitten in der Krise, die sie jetzt gestärkt verlassen, planvoll weiter. Nun investieren sie sogar noch weiter in Neuerungen – wie übrigens auch der Großhandel.

Die Erzeuger von Verbrauchsgütern hingegen tun sich noch schwer. Gerade die für die regionale Wirtschaft so wichtige Kfz-Zulieferindustrie hat es nicht leicht. Diese Unternehmen kämpfen mit einem strukturellen Problem: Elektrofahrzeuge brauchen weniger und andere Bauteile als Diesel und Benziner. Damit fehlt manchem Unternehmen eine wichtige Geschäftsgrundlage. Solche Zeiten des Wandels sind sehr schmerzhaft für die Beteiligten, sie reißen im vielgestaltigen Main-Kinzig-Kreis aber nicht die gesamte Wirtschaft in den Abgrund. Einzelnen, manchmal besonders flexiblen oder auch nur glücklichen Unternehmen bietet der Wandel sogar neue Chancen.

Nach wie vor sehr gut läuft es in der Bauindustrie. Es könnte sogar dazu kommen, dass die immer noch wachsende Nachfrage nach Personal und Material entweder die Preise steigen lässt oder gar nicht befriedigt werden kann. Mittlerweile ist selbst Bauholz schon teurer geworden, weil die weltweite Nachfrage dafür anzieht.

Bei den Dienstleistungen ist eine leichte Erholung unter den Anbietern von unternehmensnahen Dienstleistern festzustellen – die Industrieaufträge ziehen an. Mäßig geht es dem Handel. Der Facheinzelhandel in den Innenstädten und auf der grünen Wiese darbt und hofft auf Besserung, die Großhändler zeigen sich noch unsicher. Außerordentlich schlecht sind Lage und Ausblick im Gastgewerbe, bei den Taxi-Betreibern und in den Geldhäusern. Die Banken und Sparkassen haben mit dem Internet-Banking und den niedrigen Zinsen zu kämpfen – das wird nach dem Ende der Pandemie nicht besser werden. Pandemie bedingt belasten aber zusätzliche Rückstellungen für mögliche Insolvenzen von Firmenkunden.

Zwar ist bei über zwei Dritteln der Unternehmen laut IHK-Konjunkturumfrage die eigene Finanzlage „unproblematisch“, aber die Forderungsausfälle wachsen, worüber insbesondere der Großhandel berichtet, auch manche Dienstleister sind betroffen. Dies dürfte allerdings derzeit nur bei sehr wenigen Unternehmen zu einer Insolvenz führen. Trotz aller Kritik, welche die Wirtschaft über staatliche Hilfs- und Überbrückungsprogramme geäußert hat: Das Geld war in vielen Fällen gut angelegt, es rettet und hilft. Hoffentlich erlaubt es die sich bessernde Corona-Lage sehr bald, dass die Wirtschaft wieder in ihren Normal-Modus zurückschalten kann.

Normal-Modus der Wirtschaft heißt aber auch: Der Fachkräftemangel kommt mit aller Wucht zurück. 47,8 Prozent aller Unternehmen sehen in ihm schon jetzt ein großes Konjunkturrisiko. Das sind fast zehn Prozentpunkte mehr als noch vor vier Monaten. Die Angst vieler Menschen, ewig in Kurzarbeit geparkt zu werden oder nach einer Insolvenz längere Zeit arbeitslos zu werden, ist angesichts dieser schieren Menge an gesuchten Fachkräften in der Industrie und bei manchen Dienstleistern (außer im Handel und im Kreditgewerbe) unbegründet. Sogar für viele der aktuell 4.760 bei der Agentur für Arbeit gemeldeten Arbeitslosen dürfte sich rasch wieder eine Beschäftigungschance eröffnen. Dies könnte auf mittlere Sicht auch für die 7.268 Langzeitarbeitslosen im Main-Kinzig-Kreis gelten. Die Zahl von insgesamt 12.028 Arbeitslosen Ende April liegt zwar um gut 1.250 oberhalb des Werts von vor einem Jahr und fast 2.750 oberhalb der rekordverdächtigen Niedrigmarke von 2019, aber das dürfte Episode bleiben. Zieht die Konjunktur weiter und vor allem dauerhaft an, rückt sogar Vollbeschäftigung wieder näher.

Zusatzfrage zur Breitband-Nutzung

Anfang März hatte die IHK-Vollversammlung über die unzureichenden Fortschritte bei der Breitband-Anbindung im Main-Kinzig-Kreis gesprochen. Bereits seit längerem mehren sich die Beschwerden der Unternehmen. Um sich ein besseres Lagebild zu verschaffen, stellte die IHK zwei Zusatzfragen. Die erste Frage lautete: „Nutzen Sie bereits einen Breitband-Anschluss?“ Über zwei Drittel der Unternehmen gaben an, das Breitband-Internet zu nutzen. Nur in der Gastronomie und in einigen anderen kleineren Betrieben wird das Glasfaser-Netz weniger stark genutzt. „Das ist zunächst einmal ein sehr erfreulicher Befund. Er zeigt, dass sehr viele Unternehmen die Zeichen der Zeit erkannt und mit der Digitalisierung begonnen haben“, merkt dazu IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Gunther Quidde an.

„Schlimm sind die Antworten des Drittels der Unternehmen, die das Breitband nicht nutzen“, sagt Quidde: „Denn zum Zweiten wollten wir wissen, warum Unternehmen keinen Breitband-Zugang haben. Drei Viertel dieser Unternehmen würden ja gerne schnelles Internet nutzen. Sie bekommen es aber noch nicht. Jedes achte befragte Unternehmen ist betroffen. Besonders ärgerlich sind die vielen Fälle, in denen sich Unternehmen, oft aus der Industrie, beklagen, dass der Anschluss sogar schon verlegt ist, er aber einfach nicht freigeschaltet wird. Immerhin ein Viertel der bislang unversorgten Industriebetriebe beklagt sich darüber, ein weiteres Drittel aller Unternehmen wartet noch immer aufs Kabel und 25 Prozent sehen keine Chance, endlich Zugang zum schnellen Internet zu erhalten. Auch fast die Hälfte der bislang unversorgten Großhändler beklagt sich über ausbleibende Angebote. Angesichts der Summen, die Kreis in die Hand nimmt, um Glasfaserkabel selbst in kleineren Gewerbegebieten für die Unternehmen kostenfrei zu verlegen, ist das ein fürchterliches Ergebnis. Denn ein Gutteil des Nutzens dieser gutgemeinten Aktion des Kreises verpufft im Bermuda-Dreieck der Zuständigkeiten. Das hätte es unter dem Gründer der kreiseigenen Breitband Main-Kinzig GmbH, Landrat Pipa, nicht gegeben!“

Grafik: IHK

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