Wasserbüffel verhindern einstimmige Verabschiedung des Erlenseer Haushalts

(ms/ea) – Nicht – wie sonst im harmonischen Erlenseer Parlament üblich – einstimmig sondern mit zwei Gegenstimmen aus der Grünen Fraktion wurde der Haushalt 2020 der Stadt Erlensee am Donnerstagabend beschlossen. Fraktionsvorsitzende Renate Tonecker-Bös begründete die Ablehung mit der „Bedrohung unserer demokratischen Grundwerte“. Hintergrund ist ein CDU-Antrag zur Neugestaltung des Brunnens auf dem Rathausplatz.

Die CDU hatte beantragt, im Rahmen der 50-Jahr-Feier Erlensee solle der Brunnen umgestaltet werden. Die Gelder dafür sollen durch Spenden und einem städtischen Zuschuss in Höhe von 13.000 Euro zur Umgestaltung des Unterbaus bereitgestellt werden. Wie zu erfahren war, sei dort die Aufstellung zweier lebensgroßer Wasserbüffel aus Bronze geplant. Ein erheblicher Teil der Kosten sei durch Spenden bereits gedeckt.

Die Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Renate Tonecker-Bös, kritisierte, dass eine „solch entscheidende Gestaltung an einem öffentlichen Platz nicht im Hinterzimmer vereinbart werden könne“ und sprach von einem undemokratischen Vorgehen, wenn hierzu die Bürgerinnen und Bürger nicht gefragt werden. Sie forderte für den CDU-Antrag einen Sperrvermerk, was mehrheitlich jedoch abgelehnt wurde.

Der übrige Verlauf der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung war von der gewohnten Harmonie geprägt, was ein auswärtiger Besucher damit kommentierte, dass sich andere Kommunen ein Beispiel an Erlensee nehmen könnten.

SPD-Fraktionsvorsitzender Dr. Martin Maul gab in seiner Haushaltsrede seiner Freude Ausdruck, dass der Haushaltsentwurf im Ergebnishaushalt einen Überschuss von 542.000 Euro aufweise, was bedeute, dass die Vorgaben der Hessenkasse erfüllt werden können, ohne Steuern erhöhen zu müssen.

Er sah Erlensee auf dem richtigen Weg, durch Ansiedlung von Gewerbe und der Ausweisung von Neubaugebieten die Einnahmen zu generieren, mit denen die freiwilligen Leistungen finanziert werden können.

Besonders betonte er das Engagement der Stadt Erlensee für den Erhalt der konfessionellen Kindertagesstätten: Die Stadt erhöht die Zuweisung von 86% auf 91,5%.

Horst Pabst, Fraktionsvorsitzender der CDU, lobte in seiner Rede die gute Zusammenarbeit im Erlenseer Parlament über die Parteigrenzen hinaus. Man könne viel Positives erreichen, wenn man vernünftig im Interesse der Bürger handelt. Als Beispiel nannte er hier die Abschaffung der Straßenbeiträge im Rahmen eines interfraktionellen Antrags.

Den Ausgang der Bürgermeisterwahl kommentierte er als klare und deutliche Bestätigung für Bürgermeister Stefan Erb, dem er noch einmal dazu herzlich gratulierte. Die Ablehnung der „zwischen zwei Bürgermeistern geplanten“ Fusion sah er als Bestätigung dafür, dass die Bürgerinnen und Bürger in beiden Kommunen Namen und Selbstständigkeit behalten wollten und die Fusion auch wegen der Kosten eines „Umzugs ohne Möbel“ ablehnten.

Kritisch ging er noch einmal auf den Verkauf des Grundstücks im inneren Dreieck des Fliegerhorstes ein. Für 55 Euro/m² habe man dem Investor, der dort zunächst eine Auto-Klassikstadt und dann eine Reitsportanlage errichten wollte, die Fläche verkauft. Dieser verkaufe jetzt für 150 Euro/m² das Gelände parzelliert an Gewerbetreibende und realisiere so einen Gewinn von rund 17 Mio Euro, die Erlensee und Bruchköbel auch hätten gebrauchen können. Dennoch sah er in seinem Ausblick eine positive Entwicklung, da Erlensee zukünftig mit wesentlich höheren Einnahmen aus Grund- und Gewerbesteuer der angesiedelten Gewerbe rechnen  könne.

Auch Renate Tonecker-Bös, Fraktionsvorsitzende von Bündnis90/Die Grünen, blickte in ihrer Rede noch einmal auf das Jahr zurück und bedauerte die geringe Wahlbeteiligung in Erlensee bei der Bürgermeisterwahl und dem Bürgerentscheid zur Fusion: “ Da hätten wir in der Tat von Neuberg lernen können, die mit fast 80 % ihre Wähler und Wählerinnen anders zu mobilisieren verstanden.“

Kritisch betrachtete sie noch einmal die Ansiedlung des Lidl-Logistikzentrums, die „Belastungen, umwelttechnisch, verkehrstechnisch und möglicherweise auch wohnungstechnisch bescheren wird“.

Außerdem werde die „Gohl-Brücke“ zum Dauerbrenner, die immer noch nicht betriebssicher fertiggestellt sei, auch fehlten noch Fahrradständer am Limeskreisel.

In Sachen Klimaschutz passiere in Erlensee nach den Worten von Renate Tonecker-Bös „nichts oder viel zu wenig“

„Wo bleiben die Photovoltaikanlagen? Wo bleiben Konzepte zur klimaneutralen Kommune? Zum Beispiel bei der Ertüchtigung des Feuerwehrgerätehauses: Finden wir Angaben dafür, dass eine Photovoltaikanlage installiert werden soll oder andere Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken? Nein. Wo ist der Energiebericht, den wir gefordert haben und dem auch die Mehrheit diese Hauses zugestimmt hat? Bisher nicht umgesetzt. Das Thema Klima, eine der größten Herausforderungen dieser Zeit, wird hier nicht ernsthaft behandelt“, so Renate Tonecker-Bös.

NFE-Fraktionsvorsitzende Carmen Merz betonte gleich zu Beginn ihrer Rede, dass die Stadtverordneten nicht vergessen sollten, dass für alle gefassten Beschlüsse „Bürgerinnen und Bürger sowie Kleingewerbe, Mittelständler und Firmen den Preis dafür zahlen“.

Mit der Entwicklung des Fliegerhorstgeländes ging sie kritisch ins Gericht: Dort seien nach ihren Worten lediglich Lagerstätten entstanden, über die noch keine konkreten Zahlen bezüglich Steuereinnahmen vorlägen. „Den Großteil der Steuergelder bezahlen im Moment noch die Bürgerinnen und Bürger, die klein- und mittelständischen Firmen sowie die alt eingesessenen Großfirmen in Erlensee“, so Carmen Merz. Der Verkehr werde weiter zu-, die Lebensqualität in Erlensee abnehmen, so ihre Prognose.

Auch sie kritisierte die immer noch nicht erfolgte Fertigstellung der Gohlbrücke und wünschte, Politik wieder gemeinsam mit den Bürgern zu planen. Als Beispiel nannte sie hier abschließend den Bürgerpark, zu dessen Gestaltung alle Bürger Vorschläge machen könnten.


Einige der eingebrachten Änderungsanträge:

SPD-Fraktion:

Für Planung, Bau, Betrieb und Unterhaltung von Verkehrswegen und Anlagen sollen weitere 2000 € eingestellt werden, um die Streckenführung vorhandener Themenradwege, die durch Erlensee führen, wie z.B. dem Deutschen Limes-Radweg, nach Gesichtspunkten der Verkehrssicherheit in Absprache mit den Organisationsträgern neu zu gestalten und auch entsprechend neu zu beschildern. Eine Priorisierung nach Wichtigkeit und Verkehrsaufkommen soll dabei vorgenommen werden. Der Magistrat wird beauftragt, bei den Organisationsträgern dieser Themenradwege finanzielle Unterstützung zu beantragen.

Abstimmungsergebnis: Beschlossen

Für die Verkehrslenkung und -regelung, Verkehrssicherung, Verkehrsüberwachung“ sollen im Investitionshaushalt die Position „Geschwindigkeitsmesstafeln“ von 3000 € auf 12.000 € erhöht werden, um weitere vier anstatt eine weitere Geschwindigkeitsmesstafeln anschaffen zu können.

Abstimmungsergebnis: Beschlossen

Interfraktioneller Antrag:

Der Investitionsansatz „Neubau Kita Leipziger Straße“ soll mit einem Sperrvermerk versehen werden. Der Magistrat soll vor einer endgültigen Entscheidung prüfen, ob geeignete Anbieter für soziale Dienstleistungen wie die Errichtung, den Unterhalt und den Betrieb einer neuen Kindertagesstätte kostengünstiger leisten als die Stadt Erlensee.

Abstimmungsergebnis: Beschlossen

CDU-Fraktion:

In die Planung für den Bürgerpark soll die Errichtung für ein privat zu betreibendes Cafe aufgenommen werden. Für die Errichtung und Betreibung soll ein privater Investor gesucht werden.

Abstimmungsergebnis: Beschlossen

Im Rahmen der 50-Jahr-Feier Erlensee sollen nicht nur Bäume auf dem Rathausvorplatz erstellt werden, sondern gleichzeitig der Brunnen umgestaltet werden. Die Gelder dafür sollen durch Spenden und einem städtischen Zuschuss in Höhe von 13.000 Euro zur Umgestaltung des Unterbaus bereitgestellt werden.

Abstimmungsergebnis:Beschlossen

Der Magistrat wird beauftragt, den freiwilligen Polizeidienst wieder einzuführen, um die Sicherheit für die Bürger der Stadt Erlensee zu erhöhen.

Abstimmungsergebnis: Abgelehnt

Gemeinsamer Änderungsantrag von Bündnis90/Die Grünen und der CDU:

Das Grundstück im Eigentum der Stadt „Friedrich-Ebert-Straße Ecke Ravolzhäuser-Straße“ soll durch landschaftsgärtnerische Gestaltung in einen Platz zum Verweilen in Form eines kleinen Parks aufgewertet werden. Es werden 4.000 Euro in den Ergebnishaushalt eingestellt.

Abstimmungsergebnis: Beschlossen

Fraktion Bündnis90/Die Grünen:

Die Einkommensgrenze für den Erhalt eines Seniorenpasses soll die  Grundversorgung plus 200,- Euro sein.

Abstimmungsergebnis: Beschlossen

Bei Neuerstellung und Erneuerung bestehender Ampelanlagen soll die Stadt Erlensee Blindenampeln errichten.

Abstimmungsergebnis: Beschlossen

Die Stadt Erlensee soll in Zusammenarbeit mit Hessen Mobil und möglicherweise anliegenden Kommunen für eine Verbesserung der Sicherung der Radwege sorgen

Abstimmungsergebnis: Beschlossen


Außerdem wurde der SPD-Antrag, der Magistrat möge nach dem Vorbild der Stadt Fulda eine Richtline zum nachhaltigen Umgang mit funktionalem und gestalterischem Licht im Außenbereich zu erlassen, mehrheitlich beschlossen.

Lichtmenge, Lichtlenkung und Lichtfarbe sollen konzentriert und bedarfsgerecht auf den Zweck der Sicherheit von Fußgängern und Verkehr ausgelegt werden und jede unnötige Emission in den freien Raum soll unterbleiben. Energieeffiziente und nachhaltige Formen der Beleuchtung sollen zum Einsatz kommen. Nach erfolgter Umsetzung soll sich Erlensee bei der International Dark-Sky-Association (IDA) um den Titel „Sternenstadt“ bewerben. Mit der Richtline sollen sowohl öffentliche als auch private Verantwortliche dazu angehalten werden, die Beleuchtung so zu organisieren, dass sie energiesparend, effizient und nachhaltig eingesetzt wird. Die Richtline der Stadt Fulda kann hierzu ein Beispiel sein.

Die Beratung über die Kostenbeitragssatzung zur Satzung über die Betreuung von Kindern in den Tageseinrichtungen für Kinder in der Stadt Erlensee wurde auf Antrag des Bürgermeisters in den Haupt- und Finanzausschuss zurücküberweisen, um den Elternbeirat dazu anzuhören.

Außerdem wurde die Aufstellung des Bebauungsplans „Limesbrücke“ im Stadtteil Langendiebach mehrheitlich beschlossen.

Archivfoto: Markus Sommerfeld

 

 

 

 

 

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