„Auch ´mal durchatmen“ – Bürgermeister Stefan Erb im Erlensee Aktuell-Interview

(ms/ea) – In einem Interview zum Jahresausblick informierte Bürgermeister Stefan Erb, was in Erlensee alles auf der politischen Agenda für 2019 steht und welches Motto er ausgibt.

Viele Entscheidungen und Weichenstellungen werden auch 2019 wieder auf der Tagesordnung stehen. Doch zwei Ereignisse ragen hervor: die geplante Fusion mit Neuberg und die Bürgermeisterwahl.

Beginnen wir mit der Fusion: Sollte die Fusion scheitern, entweder durch einen negativen Beschluss zur Durchführung eines Bürgerentscheids in Neuberg am 23. Januar oder durch die mehrheitliche Ablehnung der Bürger, gibt es dann einen „Plan B“?

Am 23. Januar trifft die Neuberger Gemeindevertretung zunächst die Grundsatzentscheidung zur Schaffung einer zukunftsfähigen Verwaltungs- und Kommunalstruktur. Sollte hier nicht die erforderliche Mehrheit erreicht werden, wird auch kein Bürgerentscheid stattfinden. Dann wäre eine mögliche Fusion der Gemeinde Neuberg mit der Stadt Erlensee bereits gescheitert, ohne dass die Bürger die Gelegenheit hatten, selbst darüber abzustimmen.

Die beiden anderen Varianten „unterhalb“ dieser Lösung sind eigentlich nicht abstimmbar. Die Variante der Bildung eines Gemeindeverwaltungsverbandes scheidet nach Meinung aller aus, weil er ein bürokratisches Monster ist, das es so lediglich fünfmal in Hessen gibt, wobei ein Gemeindeverwaltungsverband nun auch die Fusion anstrebt. Neuberg wäre bei diesem Konstrukt auch per Gesetz der kleinere Partner mit eingeschränktem Mitspracherecht. Das kann keiner ernsthaft wollen.

Die weitere Variante „Vertiefung von Interkommunalen Zusammenarbeiten (IKZ)“ findet ja bereits in Teilbereichen statt. Die Studie zeigt weitere 17 Gebiete auf, wo diese denkbar ist; insgesamt aber mit geringem Einsparpotential gemessen an dem zu betreibenden Aufwand. Die rechtliche Rahmenbedingungen setzen hier enge Grenzen, und auch hier ist klar, dass Konflikte zwischen dem jeweils kleineren und größeren Partner vorprogrammiert sind; wobei sich das Groß und Klein je nach Aufgabe ergibt und das nicht immer Erlensee sein müsste. Außerdem kann bei jeder IKZ entschieden werden, mit welcher anderen Kommune oder mit welchen anderen Kommunen diese durchgeführt wird.

Die beste und für beide Seiten gewinnbringendste aller Lösungen ist eben die gemeinsame Bildung einer neuen Einheitsgemeinde. Die Begründung wurde in der Studie klar und ausführlich erörtert.

Einen so genannten „Plan B“ gibt es nicht. Es ist die Aufgabe aller Gewählten, ob Bürgermeister oder Gremienmitglied, das Beste für die Bürgerinnen und Bürger zu erreichen. In diesem Sinne ist „mit der Fusion“ quasi ein Angebot ausgearbeitet und auf den Tisch gelegt worden, das man annimmt oder nicht. Sollte es nicht angenommen werden – was ja vollkommen legitim wäre – ist das Thema abgehakt und für alle geht der Auftrag weiter, das Beste zu erreichen; sprich die Energie wie bisher dafür aufzuwenden und zwar immer mit dem Blick nach vorne.

Angenommen, die Fusion kommt. Was muss dann in welchem Zeitrahmen geregelt werden?

In einem so genannten Grenzregelungsvertrag, der von beiden Partnern gleichberechtigt auf Augenhöhe geschlossen wird, muss beispielsweise festgelegt werden, wie der Name der neuen Stadt sein wird – hier wollen wir allerdings die Bürger befragen – und wo welche Straßennamen geändert werden müssen. Außerdem geht es um ein neues Wappen und natürlich die Angleichung der Satzungen.

Dies alles wird ungefähr einen Zeitraum von zwei Jahren benötigen. Ziel ist, im Jahr 2021 das neue Stadtparlament und den neuen Bürgermeister oder die neue Bürgermeisterin zu wählen.

Jetzt steht ja in diesem Jahr in Erlensee zunächst eine rein „Erlenseer Bürgermeisterwahl“ an. Kandidieren Sie wieder?

Einfache Frage, einfache Antwort: Ja. Da sich an meiner Motivation nichts geändert hat, werde ich mich wieder zur Wahl stellen.

Neulich hat jemand gesagt, ich brenne für mein Amt. Wenn er damit gemeint hat, dass es mir Freude macht und dass ich kein bisschen (amts-)müde geworden bin, hat er Recht. An der Motivation hat sich ohnehin nichts geändert. schmunzelnd: Ich denke, das hoffentlich gelingende Projekt „Fusion mit Neuberg“ belegt das aktuell.

Wir haben in den letzten Jahren eine solide Basis für Erlensee geschaffen, die es in den kommenden Jahren zu festigen gilt. Natürlich trage ich hier Verantwortung, dieses Begonnene mit meinem Know-How und meinen Kenntnissen über die Stadt und ihre Entwicklung weiter zu tragen und zu unterstützen.

Ich „brenne“ weiter für ein starkes Erlensee, das sich in der Metropolregion, in der wir nun mal leben, step by step etabliert hat und für seine Bürgerinnen und Bürger ein gesundes Zuhause mit vielenVorteilen, die eine wirtschaftliche gut aufgestellte Kommune ihren Einwohnern bieten kann. Ich möchte damit nicht sagen, dass wir die Glückseligkeit erreicht haben, aber wenn man an die Diskussionen von vor ein paar Jahren zurückdenkt, wo es auch in Erlensee um die Schließung von Bürgerhäusern oder dem Hallenbad ging, dann bin ich stolz auf das Erreichte.

Übrigens ist das immer eine Gemeinschaftsleistung. Wir praktizieren in Erlensee eine sachorientierte Arbeit ohne absolute Mehrheiten oder Koalitionsvereinbarungen; auch dafür stehe ich. Und die klappt, zumindest was die beiden großen Parteien anbelangt, seit mehr als 15 Jahren.

Ein starkes Erlensee braucht eine starke Gemeinschaft die sich ganzheitlich, optimal und zielorientiert für seine Bürgerinnen und Bürger einsetzt. Hier geht es nicht darum, als Einzelperson „egoistische“ Ziele zu verwirklichen. Es geht darum, als Team diese Stadt Erlensee weiter voran zu bringen. Das Team besteht aus Politik, Vereinen und Verbänden, der Verwaltung bis hin zu einzelnen Mitbürgerinnen und Mitbürgern; ich bin wohl so was wie der Coach.

Bis dahin gibt es jedoch noch weitere Projekte zu stemmen. Gibt es für Sie eigentlich ein Motto für 2019?

Ganz klar: Jetzt erst einmal durchatmen und in ruhigerem Fahrwasser die begonnen Projekte strukturiert abarbeiten.

Nach erfolgreicher aber sehr harter Arbeit, die uns zum Jahresabschluss 2018 an die Spitze der 29 Kommunen des MKK geführt und uns alle gefordert hat, geht es jetzt in ruhigerem Fahrwasser weiter. Erlensee braucht jetzt erst einmal Zeit um Luft zu holen. Die vielen Bauprojekte, die ich jetzt gar nicht alle aufzählen möchte, sowie das Riesenprojekt Gewerbepark Fliegerhorst haben der Stadt und ihren Bürgern eine erfreuliche Entwicklung gebracht. Allerdings auch Veränderungen, die wir jetzt auch erst einmal setzen müssen.

Es bedarf jetzt erst einmal Zeit, sich an die Neuerungen zu gewöhnen und diese Stück für Stück zu integrieren. Dies gilt sowohl für die Verwaltung als auch für die Bürgerinnen und Bürger, die wir nicht überfordern dürfen.

Daher ist das genannte Motto „Auch ´mal durchatmen“ genau richtig, wenn man es auf die Bauprojekte bezieht, die uns in den letzten Jahren beschäftigt haben. Ansonsten kann von Zurücklehnen keine Rede sein, denn alle anderen Themen, insbesondere der Erhalt unserer hervorragender Angebote im Bereich der Kinderbetreuung haben Priorität eins in der heutigen Zeit des Wandels, der uns auch ohne eigenes Zutun in ganz Deutschland herausfordert.

Welche Projekte sind es im Einzelnen, die jetzt strukturiert abgearbeitet werden müssen?

Zum einen geht es hier um die Ansiedlung der Firma Brandenburg. Von Seiten des Zweckverbandes zur Entwicklung des Fliegerhorstes sind dazu alle notwendigen Beschlüsse gefasst. Brandenburg selbst muss jetzt alle baugenehmigungsrelevanten Zustimmungen einholen und wird dann mit seinem Bauvorhaben beginnen. Bis das Unternehmen in Betrieb gehen kann, wird es noch zwei, drei Jahre dauern.

Die ebenfalls bereits beschlossene zweite Verkehrszufahrt zum Fliegerhorst wird vermutlich noch in diesem Jahr von der Planungsphase in die Ausführung gehen.

Für die Ansiedlung des Lidl-Logistikzentrums sind noch der Bebauungsplan und der Grundstücksverkauf durch die Vertreter der politischen Gremien zu beschließen. Danach gilt das gleiche Verfahren wie bei Brandenburg: Einholen der benötigten Genehmigungen durch den Bauträger, danach Baubeginn.

Außerdem steht die Entwicklung des kleinen Gewerbegebietes Beune II an.

Bei der Kinderbetreuung sind bis zum Sommer der Anbau an die KiTa Nelly-Sachs und der Neubau der Kinderkrippe, ebenfalls in der Nelly-Sachs-Straße, bezugsfertig zu machen. Parallel müssen wir mit dem Umbau und der Erweiterung der Gebäude in der Fröbelstraße starten, um auch hier Kindergartenplätze zu erhalten und zu schaffen. Bei einem Investitionsvolumen von rd. 9 Mio.€ insgesamt bedeutet das auch viel Arbeit.

Hinzu kommen dann natürlich im Stadtgebiet auch viele Bauprojekte privater Investoren, auf die die Stadt allerdings keinen Einfluss hat, aber an deren Umsetzung sie mitwirken muss, wie zum Beispiel der Verkehrs- und Kanalanbindung u.ä..

Wie sieht es eigentlich mit dem Dokumentationszentrum im Fliegerhorst aus?

Hierzu wird es noch eine Infoveranstaltung für die Mitglieder der Zweckverbandsversammlung geben. Danach müssen diese eine Grundsatzentscheidung fällen, ob sich der Zweckverband Fliegerhorst die Wahrung und Pflege der Geschichte zur Aufgabe macht. Dies muss im Rahmen einer Satzungsänderung einstimmig erfolgen.

Es gilt jetzt, die vielen gesammelten Daten zu digitalisieren und aufzuarbeiten, wofür im Haushalt auf fünf Jahre verteilt 1,1 Mio. € – anteilig 70 % Erlensee, 30 % Bruchköbel – bereitgestellt werden müssten. Gedeckt sind diese Aufwendungen übrigens bereits heute durch die jährlich an Bruchköbel und Erlensee fließenden Steuereinnahmen aus dem ehemaligen Fliegerhorst.

Wie diese Daten dann präsentiert werden, im Rahmen einer Homepage von Ausstellungen oder/und in einem Dokumentationszentrum, muss unabhängig entschieden werden. Es geht momentan wie gesagt „nur“ um die grundsätzliche Entscheidung, ob die verschiedenen mit dem Fliegerhorst verknüpften Themen wissenschaftlich fundiert ausgewertet werden. Ein halbherziges Vorgehen bringt hier nichts, wie jüngst eine Ausstellung in Hanau zeigte.

Ich kann nur dazu aufrufen, gerade in dieser besonderen Zeit der Umbrüche und populistischer Entwicklungen, die Geschichte dauerhaft zu bewahren, wach zu halten und den nächsten Generationen weiterzugeben.

Thema Feuerwehrhaus Langendiebach: Wann gibt’s ein neues?

Wir werden kurzfristig dort 1 Mio. € für Sanierung und Umbau nach den Vorgaben des Bedarfs- und Entwicklungsplans investieren. Mittelfristig werden wir jedoch ein neues Feuerwehrhaus bauen müssen. Wo das sein wird, hängt auch davon ab, ob die Fusion mit Neuberg kommt.

Während im Fliegerhorst ja bekanntlich noch das große MP-Gebäude leer steht, suchen Behörden, die im Falle der Kreisfreiheit von Hanau von dort ins Umland ziehen wollen oder müssen, entsprechende Gebäude oder Flächen. Gibt es einen Hoffnungsschimmer, dass sich diesbezüglich etwas tut?

Wir haben uns als möglicher Standort entsprechend beworben. Eine Entscheidung der Kreisgremien steht allerdings noch aus.

Zum Schluss noch ein Thema, das viele Rückinger umtreibt: Wann kommt die neue Gohlbrücke?

Der Ablauf dieses Projektes macht mich selbst auch alles andere als glücklich. Zunächst mussten wir Ende 2017 die Brücke sperren und entscheiden, ob sie saniert werden kann oder neu gebaut werden muss. Die erforderlichen Gelder von 180.000 € standen dann ab März 2018 mit der Genehmigung des Haushaltes auch bereit.

Als feststand, dass die obere Konstruktion nicht sanierungsfähig ist, ging es an den Unterbau. Auch hier waren die Statiker der Meinung, man solle neu bauen. Im Ergebnis fiel die Wahl auf die Lösung, die Brücke in einem Stück als komplettes Einzelteil und dann auch mit einer Breite von 2,50 m neu zu errichten. Allerdings bedeutet dies auch, dass mehr als bisher in die Uferböschung eingegriffen wird und dass für die Anlieferung der Brücke ein Baum gefällt werden muss. Das rief die Untere Naturschutzbehörde auf den Plan, für die wir eine sogenannte Eingriffs-Ausgleich-Bilanzierung erarbeiten mussten. Schließlich konnte alles ausgeschrieben und die Brücke bestellt werden.

Wir warten aktuell täglich darauf, dass uns der Liefertermin genannt wird. Statik, Haushaltsrecht, Umweltschutz, Vergaberecht… Ich erwarte gar nicht, dass das alles noch jemand begreift.

Vielen Dank für das Gespräch.

(Die Fragen stellte Markus Sommerfeld)

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