Grund- und Gewerbesteuer erhöht – Abwasser wird teurer, Müllabfuhr billiger

(ea) – Grund- und Gewerbesteuern sowie Abwassergebühren erhöht – Preise für Müllabfuhr gesenkt. Das sind zunächst die spürbaren Auswirkungen des Haushalts der Stadt Erlensee, der am Donnerstagabend nicht wie sonst üblich einstimmig sondern gegen den größten Teil der CDU-Fraktion beschlossen wurde.

Dass die Abstimmung über den Haushalt in der CDU-Fraktion freigegeben worden war, machte CDU-Fraktionsvorsitzender Horst Pabst bereits in seiner Haushaltsrede deutlich. „Mehrere unserer Fraktionsmitglieder sind durch die Ablehnung des freiwilligen Polizeidienstes so enttäuscht, dass sie aus diesem Grund dem Haushalt nicht zustimmen wollen und können“.

Bereits im Haupt- und Finanzausschuss wurde der CDU-Antrag auf Wiedereinführung des freiwilligen Polizeidienstes mehrheitlich abgelehnt. Horst Pabst übte scharfe Kritik und sprach von mangelnder Solidarität. „Wir haben aus Solidaritätsgründen gegenüber dem Bürgermeister zwei Anträge zurückgezogen, in der Hoffnung, dass diese Solidarität an uns zurückgegeben wird, und mussten dabei leider feststellen, dass die Solidarität sehr einseitig ist“. Laut Pabst habe es Zusagen von Bürgermeisterin Iris Schröder aus Neuberg sowie Bürgermeister Stefan Erb gegeben, den freiwilligen Polizeidienst, der aufgrund der Kostenübernahme durch das Land von diesem bezahlt werde, wieder einzuführen, wenn es der CDU Erlensee gelänge, die CDU-Fraktion in Neuberg dazu zu bringen, der Durchführung einer Machbarkeitsstudie zuzustimmen. Dies sei, so Pabst, geschehen, „mit dem Ergebnis, dass wir jetzt gegenüber Neuberg als Lügner dastehen, weil die SPD Erlensee aus Prinzip diesen Antrag ablehnt, weil er von uns kommt“.

Er prophezeite jedoch, dass es zukünftig einen entsprechenden Antrag aus den Reihen der SPD geben werde, dem dann auch die CDU zustimmen werde, „da nicht die Parteipolitik sondern die Bürger für die CDU wichtig sind“.

In seinem Rückblick nahm er auch die Entwicklung des Fliegerhorstes in seinen Fokus, wo er zunächst an die durch einen Investor zunächst geplante Oldtimer-Klassikstadt im inneren Dreieck des Fliegerhorsts erinnerte, die durch Planungen einer Western-Reitanlage abgelöst wurde. Auch diese Planungen seien Geschichte, doch die Autos seien da: allerdings als Leasingrückläufer, die dort abgestellt werden. „Und so könnte man noch mehrere Investoren im Fliegerhorst anführen“.

Horst Pabst mahnte die Verantwortlichen, sich zukünftig noch mehr mit der Ernsthaftigkeit eines möglichen Investors zu beschäftigen.

Insgesamt sah Pabst die Stadt Erlensee auf einem guten Weg. Auch er erwartet bei gleichbleibend positiver Wirtschaftsentwicklung einen Sprung bei den Gewerbesteuereinnahmen, die den Haushalt mehr als ausgleichen werden, um auch in der Lage zu sein, die Steuersätze wieder zu reduzieren.

In Anspielung auf die im Herbst offen ausgetragenen Kontroversen um eine Vergabe von Grundstücken hoffe er, „dass die Fairness und ein vernünftiges Miteinander im Parlament unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Meinungen im Interesse unserer Bürger beibehalten wird, und wir nicht wieder einen Bürger mit Migrationshintergrund, der noch bei der Mutter wohnt, dem aber mittlerweile viele Häuser und Grundstücke in Erlensee gehören, als Auslöser für Beschimpfungen zum Anlass nehmen“.

SPD-Fraktionsvorsitzender Dr. Martin Maul stellte den Bereich der Kinderbetreuung in den Mittelpunkt seiner Rede: „Der absolute Schwerpunkt des Haushaltes 2018 liegt in der Kinderbetreuung, das heißt: der Betreuung der Unterdreijährigen, der Kindergartenkinder und der Hortkinder.“

Er geht davon aus, zusätzlich zu den bereits geschaffenen Plätzen auch zukünftig Jahr für Jahr für zwanzig bis fünfundzwanzig Kindern weitere Betreuungsplätze im Kitabereich einzurichten und forderte in diesem Zusammenhang, langfristig die Grundschulen vor Ort zu Ganztragsschulen zu machen und somit den jetzigen Hortbereich zu Gunsten der Kindertagesstätten nach und nach umzuwandeln.

Aufgrund des hohen Zuschussbedarfs eines jeden Betreuungsplatzes sieht Maul keine Entlastung für den Haushalt, dessen verfügbare Mittel ausschließlich für die Kinderbetreuung eingesetzt werden solle.

„Die Kinderbetreuung ist der wichtigste Bereich, in den wir alle unsere Investitionen und Energien hineinfließen lassen wollen, und ich kann nicht genug betonen, wie wichtig dieser Bereich für unsere Stadt ist. Hier ist der Ort, bei dem als erstes die Deutsche Sprache und Kultur vermittelt wird. Hier ist auch der Ort, bei dem als erstes die Jüngsten lernen, mit Verschiedenartigkeit umzugehen. Damit umzugehen, dass jeder Mensch verschiedene Stärken, aber auch Schwächen und möglicherweise auch Behinderungen hat. Dass die Menschen verschiedene Haarfarbe, verschiedene Augenfarbe und möglicherweise auch verschiedene Herkunft haben“, so Maul.

Im Zusammenhang mit den Erhöhungen der Grund- und Gewerbesteuern ist es für Maul wichtig, dem Bürger klar zu kommunizieren, „dass die jetzige Steuer-Erhöhung auf unserem Engagement in der Kinderbetreuung und dem Bemühen um Schuldenabbau beruht, und dass sein Steuergeld in genau diese Bereiche hineinfließt“

Laut dem SPD-Fraktionsvorsitzenden ist die Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuer darin begründet, dass das Land nun fordere,  einen Überschuss von mindestens 25 Euro je Einwohner auszuweisen, um vorhandene Alt-Fehlbeträge im Ergebnishaushalt abzubauen.

Hintergrund: Das Land Hessen bietet an, Kassenkredite zu übernehmen, als Gegenleistung fordert es, einen Haushaltsüberschuss in Höhe von mindestens 25 Euro je Einwohner auszuweisen, der in die Tilgung fließt.

Zum Antrag der CDU-Fraktion auf Wiedereinführung des freiwilligen Polizeidienstes bleibe nach den Worten ihres Fraktionsvorsitzenden die SPD-Fraktion bei der Auffassung, Polizeiarbeit müsse von Profis geleistet werden und nicht von Ehrenamtlichen, welche Sicherheit nur vorgeben könnten. „Daher werden wir den CDU-Antrag nach Wiedereinführung des freiwilligen Polizeidienstes ablehnen. Wir sind auch der Auffassung, dass eine Stadt sich nicht erpressen lassen darf und falls jemand die Forderung erheben sollte, den Polizeiposten vor Ort nur unter der Bedingung der Einführung von freiwilligem Polizeidienst erhalten zu wollen, dass dann die Stadt ins Gespräch gehen muss und auf die Kriminalstatistik des Polizeipräsidiums Osthessen verweisen muss. Dort ist zu sehen, dass von 2014 bis 2016 das Fallaufkommen in Erlensee absolut um mehr als 20% gesunken ist, obwohl der freiwillige Polizeidienst abgeschafft worden ist. Wie auch immer man die Statistik interpretieren mag, eine Begründung dafür, warum der Bürger nach Feierabend auch noch freiwillig Streife laufen soll, liefert sie nicht.“

Abschließend richtet er einen dringenden Appell an die Bürgerinnen und Bürger, dem Vorhaben einer möglichen Fusion zwischen Erlensee und Neuberg und insbesondere der ergebnisoffenen Machbarkeitsstudie eine Chance zu geben. „Falls die Machbarkeitsstudie am Ende des Tages zu dem Schluss kommt, dass die Fusion sich nicht für beide Partner lohnt, kann man immer noch das Thema abmoderieren“.

Für die Fraktion von Bündnis90/Die Grünen sprach deren Vorsitzende, Renate Tonecker-Bös, dass das Thema Kinderbetreuung ebenfalls als Schwerpunkt gesehen werde. Freuen würde man sich auch über die vielen neuen Baugebiete, die aber auch eine Herausforderung darstellen.

Wichtig sei für die Grünen, die Lebensqualität für die Bürgerinnen und Bürger in der Stadt zu erhalten, wozu unter anderem die Bürgerhäuser, das Hallenbad und die Bücherei gehörten. Hier freue man sich ganz besonders, dass ab Januar diese jeden Samstag geöffnet sei.

Den freiwilligen Polizeidienst werde man ebenfalls ablehnen und hier gemeinsam mit der SPD stimmen.

Dem gleichen Thema ebenfalls ablehnend gegenüber stehend zeigte sich Nicole Bertus (NFE) in ihrer Rede, die den freiwilligen Polizeidienst nur als „gespielte Sicherheit“ bezeichnete. Aufgrund der fehlenden Kompetenz der Polizeihelfer sollen stattdessen zwei zusätzliche Hilfspolizeibeamte bei der Stadt Erlensee eingestellt werden.

„Die Hilfspolizei und das Ordnungsamt in Erlensee ist mit Ermittlungsarbeiten und Auswertungen von Blitzern sehr zeitintensiv beschäftigt und diese sollten unserer Meinung nach mit noch ein bis zwei Mitarbeitern unbedingt aufgestockt werden“

„Erlensee und auch der deutsche Staat machen so viel für das Wohl der Flüchtlinge sowie eine hervorragende Kinderbetreuung. Dafür ist genug Geld vorhanden. Aber bitte wo bleibt der Rest unserer Einwohner? – Die Bürger, die ihr Leben lang gearbeitet haben und sich etwas aufgebaut haben müssen sich wieder wohl fühlen können und nicht mit ständigem Unbehagen durch die Straßen von Erlensee gehen“, so Nicole Bertus.

Außerdem forderte sie vor dem Hintergrund von Altersarmut, in der Stadt Erlensee darauf hin zuarbeiten, Senioren zu unterstützen und ihnen das Leben in Erlensee lebenswert zu gestalten.

Bezüglich der Verkehrssituation insbesondere auf der Landesstraße L 3193 und der Leipziger Straße forderte sie dringend nach Lösungen zu suchen. Außerdem solle die Markwaldsiedlung besser an den ÖPNV angebunden werden.

Beschlossen wurden folgende Änderungsanträge:

Anträge der SPD-Fraktion:

  • Die neu geschaffenen Hausmeister-Stellen für den Römerhof werden als künftig wegfallend gekennzeichnet.
  • Die Markwaldsiedlung wird dauerhaft ganzjährig an Samstagen in den Fahrplan des Familienbusses integriert.
  • Die Stadt Erlensee bietet den Gartenbesitzern eine kleine kostenlose Saatprobe nebst Beratung für die Anlage einer Wildblumenwiese in Privatgärten an.
  • Die Asphaltfeindecke im Friedhof Langendiebach soll in 2018 nicht erneuert werden. Die dafür im Investitionshaushalt vorgesehenen Mittel werden gestrichen.
  • Das Entgelt für die private Hallennutzung soll um 10% angehoben werden.

Anträge der CDU-Fraktion:

  • Alle Haushaltsstellen werden auf nicht in Rechnung gestellte Arbeiten überprüft, um diese dem Zweckverband Fliegerhorst in Rechnung zu stellen.
  • Die Grundsteuer A und B sollen nicht, wie vorgesehen von derzeit 440% auf 520%, sondern nur auf 510% erhöht werden. Die positive Entwicklung in der Stadt soll zu einem Teil an die Bürger weitergegeben werden. Der Hebesatz der Gewerbesteuer soll im Gegensatz dazu, um die fehlenden Steuereinnahmen auszugleichen, entsprechend statt auf 395% auf 400% erhöht werden.
  • Der Magistrat wird als Ziel beauftragt, mit der Polizei, den Kindergärten, den örtlichen Grundschulen sowie dem Gewerbeverein und den Inhabern der örtlichen Geschäfte in Kontakt zu treten, um das, bereits im Jahr 2008 von der damaligen Gemeindevertretung verabschiedete Kinderschutzprogramm „LEON“, bis zum Beginn des neuen Schuljahres in Erlensee einzuführen.
  • Der Magistrat wird beauftragt, die Beleuchtung in Erlensee wesentlich heller zu gestalten.
  • Der Magistrat wird beauftragt, auf dem neuen Friedhof in Langendiebach eine Urnenwand oder Urnensäulen errichten zu lassen.
  • In den nächsten drei Jahren sollen die Toilettenanlagen auf dem Friedhof in Erlensee-Rückingen und auf dem neuen Friedhof in Erlensee-Langendiebach behindertengerecht gestaltet werden.
  • Für die Sicherstellung der Stromversorgung soll im Jahr 2018 die im Katastrophenfall notwendigen Elemente ermittelt und in den Haushalten der Folgejahre ab 2019 abgebildet werden.
  • Der Magistrat wird beauftragt, ein Konzept und Angebot für die Einrichtung von einheitlichen Telefonnummern für alle Einrichtungen der Stadt Erlensee und Telefonzentrale einzuholen.

Anträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen:

  • Die Stadt Erlensee erstellt im Jahr 2018 einen Energiebericht für die städtischen Liegenschaften und schreibt ihn jährlich fort.
  • Der Magistrat ergreift Maßnahmen, die Grünfläche Ecke Friedrich-Ebert-Straße/RavolzhäuserStraße zu attraktivieren, zum Beispiel durch Anpflanzung von Wildblumen und Sträuchern an den Randbereichen. Weiterhin ist zu prüfen, ob ein sogenanntes Insektenhotel installiert werden kann mit entsprechender Infotafel.
Abgelehnt wurden folgende Änderungsanträge:

Anträge der CDU-Fraktion:

  • Der Magistrat wird beauftragt, bis spätestens Ende des ersten Halbjahres 2018 den freiwilligen Polizeidienst wieder einzuführen, um die Sicherheit für die Bürger der Stadt Erlensee zu erhöhen.
  • Der Magistrat wird beauftragt, für die Sicherheit der Kinder der Kita Friedensstraße an der Einmündung der Kurt-Schumacher-Straße in die Friedensstraße einen Verkehrsspiegel, sowie einen Zebrastreifen und Halteverbotsschilder anbringen zu lassen.

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen:

  • Das Ziel „Der Magistrat wird beauftragt, die Durchführung des Hessentags in Erlensee für die kommende Legislaturperiode ergebnisoffen zu prüfen“ wird aufgegeben

 

Beschlossen wurden:
  • Die Gebühren für die Abfallbeseitigung sinken um rund 8,7 %.
  • Aufgrund der erforderlichen Kostendeckung des Gebührenhaushalts Abwasserbeseitigung werden die Abwassergebühren im Bereich Schmutzwasser auf 2,50 Euro pro m³ verbrauchten Frischwassers angehoben. Im Bereich Niederschlagswasser erhöhen sich die Kosten auf 1,27 Euro je m² versiegelte Grundstücksfläche.
  • Der Hebesatz für die Grundsteuer A und B steigt auf 510 v.H., die Gewerbesteuer steigt auf 400 v.H.
  • Der Magistrat soll nach einam Antrag der Fraktion Bündnis90 /Die Grünen beauftragt werden, in Zusammenarbeit unter anderem mit örtlichen Landwirten, Imkern, Naturschutzverbänden, einen Katalog zu erarbeiten, der Maßnahmen und Vorschläge beinhaltet, das Insektensterben zu stoppen.
  • Die vom Bund für die energetische Sanierung des Rathauses gewährten finanziellen Mittel sollen nun für die Kinderkrippe Nelly-Sachs-Straße 5 eingesetzt werden, da die Sanierung des Rathauses zunächst nicht erfolgt. Dazu werden die Maßnahmen entsprechend zurückgezogen und neu beantragt.
  • Für außerplanmäßige Ausgaben im Bereich der Kläranlage werden 115.000 Euro überplanmäßig bereitgestellt.

Schließlich wurde der Haushalt mit den aufgeführten beschlossenen Änderungsanträgen mehrheitlich angenommen, sieben Fraktionsmitglieder der CDU stimmten dagegen. Die SPD-Fraktion reagierte darauf bereits mit einer Pressemitteilung.

Bericht und Foto: Markus Sommerfeld

 

 

 

 

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